2005 - Hospizdienst Weinsberger Tal e. V.

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2005

Archiv > Chronik
Sprache kann Geheimnisse des Todes nicht erfassen
Immer mehr Menschen öffnen sich Vorträgen, die sich mit dem Lebensende befassen. Marianne Bevier sprach vor 80 Zuhörern über Rituale für Begleitende und Sterbende im evangelischen Gemeindehaus Lehrensteinsfeld. Eingeladen hatte der Hospizdienst Weinsberger Tal.
Unsere Alltagssprache kann das Geheimnis des Todes nicht erfassen , sagte die katholische Diplom-Theologin und Pastoralpsychologin. Sterbende drückten sich deshalb in Bildern aus auf der Schwelle in eine andere Dimension. Rituale helfen ebenfalls an diesem Punkt, wo es keine Alltagssprache mehr gibt.
Horst Gold, Vorsitzender des Hospizdienstes Weinsberger Tal, sagte in seiner Einleitung: Unser Leben ist von Ritualen geprägt, viel mehr als wir bewusst wahrnehmen, sie signalisieren Zuwendung und geben Sicherheit. Rituale haben am Lebensende eine große Bedeutung. Was Rituale sind, wie jeder das passende Ritual bei einem Sterbenden finden könne, und dass es keine falschen Rituale gebe, darüber sprach die Supervisorin.
Seit zehn Jahren arbeitet die frühere Krankenhausseelsorgerin in der Mannheimer Hospizarbeit und bildet ehrenamtliche Hospizhelfer aus. In Mannheim gebe es zwei ambulante Hospiz-Dienste, ein von der Caritas getragenes Hospiz-Haus und eine Palliativ-Station an der Klinik informierte sie.
Ein Ritual weist immer über Zeit und Raum hinaus, neben dem Tun braucht es auch das Wort, und Rituale sind wiederholbar , erklärte Bevier die Merkmale. Rituale seien für Sterbende hilfreich, um sich zu verabschieden, Trost und Kraft zu finden, für das, was kommt. In der kirchlichen Tradition gebe es bei den Katholiken zum Beispiel die Krankensalbung. Dazu kämen Segensrituale. Das kann jeder von Ihnen , machte die Referentin Mut. Eine Hand auflegen und ein Gebet sprechen seien eine ganz schöne Form eines Rituals . Als weiteres kirchliches Ritual erwähnte sie Eucharistie und Abendmahl.
Man könne eine Kerze anzünden, sie symbolisiere ein Licht in der Dunkelheit. Hilfreich für den Begleitenden sei zu fragen, woran sich der Sterbende im Leben festgehalten habe? Man könne etwas in die Hand geben, das Kraft spende. Eine Geschichte vorlesen oder ein Lied singen, das drücke Nähe aus, meinte die Expertin.
Sterbende haben ein Bedürfnis nach Versöhnung , erfuhren die Besucher, zu denen auch Hospizbegleiterinnen zählten. Man könne schauen, was der Sterbende brauche. Vielleicht könne man einen Brief zusammen schreiben, ein symbolisches Gespräch führen, lauteten ihre Ratschläge. Es gibt keine falschen Rituale, nur verpasste , machte Marianne Bevier deutlich.
Rituale würden auch den Sterbebegleitern Halt geben, um ihre Aufgabe zu meistern. Ein Ritual aus der Mannheimer Hospizgruppe sei, dass die Sterbebegleiterin eine Rose erhalte, dazu ein Licht für den Verstorbenen.
Heilbronner Stimme am 27.10.2005 von Margit Stöhr-Michalsky






Vortrag Dr. Bernhard Grimm und 2. Weinsberger SymposiumPalliativmedizin
Leid kann auch einen Reifeprozess auslösen
Ein philosophischer Vortrag nahm den Mensch im Leid und die Sinnfrage in den Mittelpunkt. Ein Ärztesymposium befasste sich mit der Palliativmedizin und Schmerztherapie bei nicht mehr heilbaren Krankheiten. Der Hospizdienst Weinsberger Tal und der Qualitätszirkel Palliativmedizin mit dem Weinsberger Arzt Sigmund Jakob hatten eingeladen.
"Leid ist in sich selbst nicht sinnvoll, aber Sinn ist möglich trotz Leid." Diesen Gedanken stellte Dr. phil. Bernhard Grimm seinem Vortrag unter dem Thema "Ausgesperrt von der Sonnenseite des Lebens" im katholischen Gemeindehaus voran. Arbeitslosigkeit, Trennung, Krankheit, Tod. Vielfältig sei das Leid, das Menschen treffen könne. Die Sinnfrage stelle sich. "Man kann das Leid nicht aus der Welt schaffen, wenn man das Leid vermehrt", führte der Redner aus.
Vor 60 Zuhörer sprach der Philosoph, Althistoriker und Theologie behutsam und eindrücklich darüber, dass Leid zwar zum Leben gehöre, es aber überwindbar sei, "wenn wir unser Schicksal meistern". Leid könne einen Reifeprozess des Menschen auslösen, in dem er wachse und zur inneren Freiheit trotz äußerer Abhängigkeit gelange. "Wir erkennen, wie kostbar das Leben ist."
Beispiele von Menschen, die das Leid überwunden und neue Lebensaufgaben fanden, verdeutlichten seine Aussagen. "Werteerweiterung führt zur Sinnfülle", vermittelte Bernhard Grimm. Rückblickend lasse sich nach der überwundenen leidvollen Zeit der Sinn erkennen.
Das Symposium am folgenden Tag befasste sich damit, wie das Leid bei einer unheilbaren Krankheit gelindert, Lebensqualität und Würde des Menschen erhalten werden könnte. Leitende Ärzte sprachen über Opiattherapie, über den Neuropathischen Schmerz, über die Palliativmedizin (zuwendende Medizin am Ende des Lebens) und über Schmerztherapie.
Die Moderation hatte Dr. med. Karl-Heinz Koniczek, Ärztlicher Leiter des Onkologischen Schwerpunktes (Onkologie: Lehre der Krebserkrankung) Heilbronn.
"Palliativmedizin und Schmerztherapie beschäftigt auch die Bevölkerung", hat der initiierende Weinsberger Arzt des Symposiums, Sigmund Jakob, festgestellt. Er freute sich, dass sich nicht nur Ärzte, ärztliche Mitarbeiter und Hospizhelfer informierten, sondern auch Betroffene. "Die Ärzte zeigen sich dafür offen", sagte er.
"Tumortherapie und Schmerztherapie gehören zusammen", so der Tenor des Symposiums. Das grundlegende Bedürfnis des kranken Menschen sei, nicht in die soziale Isolation zu kommen und nicht unerträgliche Schmerzen erleiden zu müssen. Hier informierte der Onkologe, dass ein Tumorleiden menschwürdig begleitet werden könne.
Ärzte klärten über den "Schmerzmythos" auf. Die Palliativmedizin, die Körper und Seele berücksichtige, gerät immer mehr in den Vordergrund. Die ärztliche Aussage "Wir können nichts mehr für sie tun" gebe es nicht mehr. Vielmehr müsse verdeutlicht werden, so der Onkologe: "Wir lassen Sie nicht allein."
Dass die Zusammenarbeit ärztlicher Fachgruppen und Netzwerke gefördert werden müsse, wurde deutlich. "Es ist wichtig, dass neueste ärztliche Erkenntnisse weitergegeben werden, Menschen Ansprechpartner haben", sagte Sigmund Jakob.
Heilbronner Stimme vom 27.04.2005 von Margit Stöhr-Michalsky



Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg, Sonntag, 23.01.2005
Geschmack des Lebens nachspüren
Pater Anselm Grün in der Johanneskirche Weinsberg
Nicht nur die Flutkatastrophe in Südostasien hat deutlich gemacht: Der Tod ist mitten im Leben. Ohne zu wissen, dass das lange gewählte Vortragsthema, "Mitten im Leben vom Tod umfangen" eine aktuelle Bedeutung erhalten würde, hatte der Hospizdienst Weinsberger Tal Pater Anselm Grün zu diesem Thema am Jahresbeginn in die Weinsberger Johanneskirche eingeladen.
Das Thema wurde formuliert, nachdem vor einem Jahr Martin Rau, der zweite Vorsitzende des Hospizdienstes Weinsberger Tal, 40-jährig unerwartet gestorben war. Jetzt kamen rund 1000 Menschen in die Kirche, um Anselm Grün zu hören.
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Der Hospizdienst Weinsberger Tal hatte Pater Anselm Grün zu einem Vortrag nach Weinsberg eingeladen. Rechts im Bild der Hospizdienst-Vorsitzende Horst Gold.
Foto: Margit Stöhr-Michalskiy
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"Wir vertun eine Chance, wenn wir den Tod verdrängen", sagte der Benediktinermönch der Abtei Münsterschwarzach zu Beginn. Nämlich die Chance, dem Leben "die eigene Lebensspur einzugraben", sich zu versöhnen und die Chance, "dass Beziehungen ehrlich werden". "Das Denken an den Tod, heißt das Geheimnis des Lebens wahrzunehmen", betonte Anselm Grün. Das Leben selbst sei ein ständiges Loslassen, von Geburt an, das in den Tod als "Gipfel des Loslassens" münde.
Drei Bilder aus der Bibel wählte Grün aus, die helfen sollten, das Geheimnis des Todes zu verstehen. Das erste Bild beinhaltete die Abschiedsworte Jesus "Ich gehe hin um Euch eine Wohnung zu bereiten". Das sei ein großer Trost, meinte der Benediktiner: Der Mensch, der vorangegangen sei, nehme einen Teil des gemeinsam Gelebten und Erlebten mit "und schmückt die Wohnung für uns".
Die Engel, die den "Armen Lazarus" nach seinem Tod trugen, seien das zweite Bild. "Keiner wird alleine sterben, jeder werde von Engeln über die Schwelle getragen" - ein Bild der Geborgenheit also.
Das dritte beschriebene Bild zeigte Maria mit dem toten Jesus auf dem Schoß, das Bild der "Pieta". Es drücke die Sicherheit aus, "dass wir in die mütterlichen Arme Gottes übernommen werden", sagte Pater Anselm Grün.
Trauernde bräuchten Rituale. Auch bei einem plötzlichen Tod sei es nie zu spät für ein Ritual, erklärte Grün. Dabei könne das Beten wie ein Begleiten sein. "Ich darf auch den Verstorbenen bitten, dass er mich begleitet." Auch sei es normal, dass Schuldgefühle kämen. "Doch der Verstorbene ist im Frieden, er will nicht, dass wir Schuldgefühle haben", betonte er.
Die ungewisse Frage nach dem, was nach dem Tod erwartet werde, beantwortete der Benediktinermönch mit den Worten. "Wir dürfen vertrauen, dass wir dem liebenden Gott begegnen, aber auch der eigenen Wirklichkeit". Dass könne schmerzlich sein, "doch wir dürfen auf die vergebende Liebe Gottes vertrauen". Im Tod werde alle Sehnsucht erfüllt sein, "wir werden Gott schauen", sagte Grün.
Abschließend gab er den Zuhörern mit auf den Weg, jeden Tag bewusst zu leben im Angesicht des Todes und "dem Geschmack des Lebens nachzuspüren".
Margit Stöhr-Michalsky
Heilbronner Stimme, 12.01.05 - von Joachim Kinzinger
Mönch macht den Menschen Mut "ohne seichte Ratschläge"
Wo er auftritt, strömen die Menschen in Scharen. Wo er spricht, sind viele Leute von seiner Botschaft berührt. Vor über 950 Zuhörern beleuchtet Pater Anselm Grün das Thema "Mitten im Leben vom Tod umfangen" in der Weinsberger Johanneskirche.
Nichts geht mehr: Alle Plätze auf dem Grasigen Hag sind zugeparkt. Besucher steuern Feldwege an, eilen zur Johanneskirche. Längst sind Kirchenbänke und Stühle besetzt. Zusätzliche Holzbänke werden aufgeklappt. Menschen sitzen auf Steinstufen, stehen dicht gedrängt im Kirchenschiff, unter dem Kreuz.
Für den Benediktinermönch, Bestseller-Autor und geistlichen Berater von Topmanagern ist dies ein gewohntes Bild. Wenn der 59-Jährige auftritt, geraten Veranstalter in Platznot. Fast hätte die evangelische Kirche wegen Überfüllung geschlossen werden müssen.
Horst Gold, Vorsitzender des Hospizdienstes Weinsberger Tal, hat den Mönch von der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg im Februar 2004 angerufen. "Der 10. Januar war der einzige Tag, an dem er 2005 noch Zeit hatte." Der Cellerar, der die wirtschaftlichen Bereiche der Abtei leitet, ist ein viel beschäftigter Mann: "Von 130 Anfragen kann ich 80 nehmen." Und nur im Umkreis von 350 Kilometer. Denn: "Ich fahre nachts wieder heim." Zum zehnjährigen Bestehen des Hospizvereins im Weinsberger Tal beleuchtet er das Thema Tod.
In seiner schwarzen Kutte sitzt der Seelsorger bescheiden auf dem Stuhl, lächelt, umlagert von Menschen. "Es ist das Größte, dass ich sie treffe", murmelt eine Frau. Der Mönch mit dem langen grauen Haar und Vollbart signiert Buch um Buch. Allein 130 Titel sind von ihm in einer Auflage von fünf Millionen erschienen. Aus christlicher Tradition heraus will er Antworten auf die Fragen des Lebens geben - Bücher über Sehnsucht und Freundschaft, Glück und Glaube, Psychologie und Engel. "Ich will den Menschen Mut machen, ohne seichte Ratschläge zu erteilen", sagt der Pater, der morgen seinen 60. Geburtstag feiert. "Es gibt eine große Sehnsucht nach Spiritualität." Die christliche Botschaft baue auf.
Seine schlichte Sprache, die klaren Gedanken und die einfache Botschaft fallen auch in Weinsberg auf fruchtbaren Boden. "Die Mönche müssen sich täglich den Tod vor Augen halten, um realistisch zu leben", steigt der Katholik ins Thema ein. Anselm Grün empfiehlt den Zuhörern, bewusster zu leben, die "Lebensspur einzugraben." Der Tod dürfe auch bei Schwerstkranken nicht verdrängt werden. Der Pater, der Theologie, Philosophie und Betriebswirtschaft studiert hat, hält es für wichtig, Versöhnungsprozesse in der Familie einzuleiten. "Das Sprechen über den Tod ist die Chance, dass Beziehungen ehrlicher werden." Viele könnten jedoch nicht loslassen.
Aus philosophischer Sicht charakterisiert der Benediktinermönch den Tod als "letzte Freiheitstat des Lebens", aus theologischer Sichtweise als "die Begegnung mit dem liebenden Gott". Er empfiehlt beim Umgang mit dem Sterben "gute Trauerrituale". So wie die todkranke Mutter, die noch einen Abschiedsbrief an ihre kleinen Kinder schrieb. Auch die Krankensalbung sei hilfreich im Kreise der Familie, um Nähe zu zeigen. Trauer darf gelebt werden: Schmerz, Abschied, auch Wut über die Verletzung, das Verlassen. Das Beten sei wie ein Begleiten. Auch Kinder bräuchten Trauererfahrung und Rituale. Er rät, über Verstorbene in Trauer und Dankbarkeit nachzudenken.
 
Pater Anselm Grün
Mitten im Leben vom Tod umfangen
Montag, 10 Januar 2005, 20 Uhr
Johanneskirche in Weinsberg
Die Gegenwart des Todes wird uns bei vielen Gelegenheiten bewusst, besonders eindringlich an jedem Sterbebett. Das Wissen um die Begrenztheit des Lebens ist aber nicht nur bedrohlich, sondern sie hilft, den Dingen in unserem Leben die richtige Bedeutung zuzuordnen, erleichtert manche Entscheidung und kann letztlich auch trösten.
Pater Dr. Anselm Grün ist Benediktinermönch in der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg. Er erkannte die besondere Verbindung der Tradition der alten Mönchsväter zur modernen Psychologie. In Kursen und Vorträgen geht er auf die Nöte und Fragen der Menschen ein.
Der Eintritt ist frei. Die Kosten übernimmt der Hospizdienst Weinsberger Tal. Am Ausgang bitten wir um eine Spende für das Franken-Hospiz.


 
Pater Dr. Anselm Grün OSB
wurde am 14. Januar 1945 im fränkischen Junkershausen geboren. Seine Kindheit verbrachte er in München. Im Elektrogeschäft seiner Eltern verkaufte er dort bereits als kleiner Junge Glühbirnen und Taschenlampen.
Mit 19 Jahren wurde er Benediktinermönch in der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg. Dort lernte Pater Anselm die Kunst der Menschenführung aus der Regel Benedikts von Nursia kennen und entdeckte bereits in den 70er Jahren die Tradition der alten Mönchsväter wieder, deren Bedeutung er besonders in Verbindung mit der modernen Psychologie sieht.
Seit 1977 ist er, nach seinem Studium der Philosophie, Theologie und Betriebswirtschaft, der wirtschaftliche Leiter (Cellerar) der Abtei Münsterschwarzach und damit für rund 300 Mitarbeiter in über 20 Betrieben verantwortlich.
In zahlreichen Kursen und Vorträgen geht er auf die Nöte und Fragen der Menschen ein. So ist er zum spirituellen Berater und geistlicher Begleiter von vielen deutschen Topmanagern geworden und gehört zu den meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart.
http://www.anselm-gruen.de/



"Es tut gut, sich eine Zeit der Stille zu verordnen"
 
Am Ostermontag hält sie den letzten Gottesdienst. Zum 1. April geht Elfriede Schick vorzeitig in den Ruhestand, am 10. April ist offizielle Verabschiedung. Die 63-Jährige war acht Jahre lang Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Neulautern mit Stocksberg und Seelsorgerin der Klinik Löwenstein. Mit der gebürtigen Tübingerin sprach Redakteurin Sabine Friedrich.
Acht Jahre lang war die Martin-Luther-Kirche in Neulautern einer der Arbeitsplätze von Elfriede Schick. Jetzt geht sie in Ruhestand. (Foto: Ulrike Kugler)

INTERVIEW Sie haben die Pfarrwohnung bereits geräumt, im Büro sind die Kartons gepackt. Wohin sind Sie gezogen?

Elfriede Schick: Nach Löwenstein-Hirrweiler. Es war schon eine Überlegung, wohin ich gehe. Ich stamme von der Zollernalb, habe aber keine großen Beziehungen mehr dorthin. Ich denke, dass es wichtig ist, im Alter auf Kontakte und Freundschaften zurückzugreifen. Diese Freundschaften habe ich hier und Aufgabenfelder, die nicht mit meinem Pfarramt verwurschtelt sind. Das hier ist eine wunderschöne Gegend, und ich hoffe, dass ich diese reizvolle Landschaft jetzt ergründen kann.

Mit Alexander Straubenmüller aus Heidenheim-Oggenhausen steht Ihr Nachfolger fest.
 
Schick: Es gibt trotzdem eine Vakanz, weil der neue Pfarrer erst im Sommer umziehen wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass es einen Nachfolger gibt. Für mich ist das aber beruhigend, wegen der Klinik. In der Kirchengemeinde lässt sich eine Vakanz leichter überbrücken. Aber die Arbeit in der Klinik kann nicht so einfach von den Kollegen mitgetragen werden, weil sie sehr zeitaufwendig ist. Ich habe versprochen, die Klinik-Seelsorge in Vertretung weiter zu übernehmen, bis der Nachfolger anfängt. Neulautern, das mit Stocksberg rund 500 Protestanten hat, hat nur deshalb einen eigenen Pfarrer, weil 50 Prozent des Dienstauftrages die Klinik-Seelsorge ausmacht.
 
Womit beschäftigen Sie sich im Ruhestand?
 
Schick: Ich habe mir vorgenommen, mich ein Jahr lang zurückzuziehen. Irgendwann tut es gut, wenn man sich eine Zeit des Schweigens und der Stille verordnet. Ich möchte meinen Garten anlegen. Er soll ein blühendes Land werden, ein Ort der Freude und des Rückzugs. Dann habe ich mir vorgenommen, die Freundschaften, die aus Zeitmangel gelitten haben, wieder mit Leben zu füllen.
 
Was war Ihnen in acht Jahren Neulautern und Stocksberg wichtig?
 
Schick: Ich wollte auf allen meinen Pfarrstellen mit dem, was ich rede und tue, Menschen deutlich machen, dass das Evangelium eine ungeheuer befreiende Kraft hat und dass es Menschen einander näher bringen möchte. Es war mir wichtig, in der Gemeinde ein Stück Solidarität untereinander einzufordern. Dabei sieht der Pfarrer kein fertiges Ergebnis, das ist Saat auf Hoffnung.
 
Was nehmen Sie als Erinnerung mit?
 
Schick: Als ganz schöne Erinnerung: Die fünf Konfirmanden von 2003, die sich den eigenartigen Namen "Jajesy" gegeben haben. Das sind die Anfangsbuchstaben der Namen der drei Mädchen und zwei Burschen und von mir. Es ist etwas sehr Ermutigendes, dass sich fünf junge Leute über zwei Jahre alle 14 Tage bei mir getroffen haben, um über Gott und die Welt zu reden. Gerade bringen sie mir das Kartenspielen bei.
 
Sie sind Klinik-Seelsorgerin und schulen die Betreuer des Hospizdienstes Weinsberger Tal: Sie begleiten sterbende Menschen. Woher nehmen Sie die Kraft dazu?
 
Schick: Ich nehme wie jeder Christ die Kraft aus der Quelle des Lebens, die uns aus dem Wort Gottes zufließt und uns Mut macht, an dem Platz, an dem wir stehen, die Gabe einzubringen, die wir haben.
 
Welche ist das bei Ihnen?
 
Schick: Ich kann zuhören und aufnehmen, was um mich herum geschieht. In einem Sterbezimmer muss man nicht ins Agieren verfallen, sondern ins Dasein und spüren, was der andere Mensch braucht, vielleicht ist es nur Nähe. In der Begleitung von Sterbenden gibt man nicht nur. Es fließt auch Geheimnisvolles zurück: Man erlebt sehr oft am Ende einen tiefen Frieden im Raum, der die umfasst, die mit dabei sind.
 
Standen Sie immer hinter Ihrer Berufswahl oder gab es Momente des Zweifels?
 
Schick: Die gibt es immer wieder - in jungen Jahren sehr viel mehr als später. Man gerät immer wieder in Situationen, in denen man sich selbst in Frage stellt. Ich war am Studium der Theologie interessiert, wollte tiefer schürfen. Mit der Berufswahl war das etwas schwierig, weil damals Frauen noch kein volles Pfarramt übernehmen durften. Als ich 1966 ins Vikariat kam, merkte ich, dass der Beruf einen packen und ausfüllen kann. Es ist der abwechslungsreichste und herausforderndste Beruf. Er hat mit so vielen Aufgabengebieten zu tun.
 
Was überwiegt: Die Traurigkeit des Abschieds oder die Freude, bald Privatperson zu sein?
 
Schick: Von der Traurigkeit des Abschieds spüre ich noch nichts. Das hängt damit zusammen, dass ich in dieser Woche noch 13 Gottesdienste gehalten habe. Deshalb kann ich nicht so arg Rücksicht auf meine Gefühle nehmen. Ich freue mich darauf, eine Zeit vor mir zu haben, ohne dass der Druck der Uhr auf mir lastet.
 
Werden Sie auch weiterhin alle sechs Wochen das "Geistliche Wort" an unsere Leser richten?
 
Schick: Ja. Das macht mir Spaß und ist eine Herausforderung. Ich schreibe gerne. Und ich werde sehr häufig angesprochen von Menschen, die das, was sie da lesen, in ihr Leben einbauen können.
 
Acht Jahre lang war die Martin-Luther-Kirche in Neulautern einer der Arbeitsplätze von Elfriede Schick. Jetzt geht sie in Ruhestand. (Foto: Ulrike Kugler)
 
26.03.2005 00:00



 Mönch macht den Menschen Mut "ohne seichte Ratschläge"
 
Wo er auftritt, strömen die Menschen in Scharen. Wo er spricht, sind viele Leute von seiner Botschaft berührt. Vor über 950 Zuhörern beleuchtet Pater Anselm Grün das Thema "Mitten im Leben vom Tod umfangen" in der Weinsberger Johanneskirche.Nichts geht mehr: Alle Plätze auf dem Grasigen Hag sind zugeparkt. Besucher steuern Feldwege an, eilen zur Johanneskirche. Längst sind Kirchenbänke und Stühle besetzt. Zusätzliche Holzbänke werden aufgeklappt. Menschen sitzen auf Steinstufen, stehen dicht gedrängt im Kirchenschiff, unter dem Kreuz.Für den Benediktinermönch, Bestseller-Autor und geistlichen Berater von Topmanagern ist dies ein gewohntes Bild. Wenn der 59-Jährige auftritt, geraten Veranstalter in Platznot. Fast hätte die evangelische Kirche wegen Überfüllung geschlossen werden müssen.Horst Gold, Vorsitzender des Hospizdienstes Weinsberger Tal, hat den Mönch von der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg im Februar 2004 angerufen. "Der 10. Januar war der einzige Tag, an dem er 2005 noch Zeit hatte." Der Cellerar, der die wirtschaftlichen Bereiche der Abtei leitet, ist ein viel beschäftigter Mann: "Von 130 Anfragen kann ich 80 nehmen." Und nur im Umkreis von 350 Kilometer. Denn: "Ich fahre nachts wieder heim." Zum zehnjährigen Bestehen des Hospizvereins im Weinsberger Tal beleuchtet er das Thema Tod.In seiner schwarzen Kutte sitzt der Seelsorger bescheiden auf dem Stuhl, lächelt, umlagert von Menschen. "Es ist das Größte, dass ich sie treffe", murmelt eine Frau. Der Mönch mit dem langen grauen Haar und Vollbart signiert Buch um Buch. Allein 130 Titel sind von ihm in einer Auflage von fünf Millionen erschienen. Aus christlicher Tradition heraus will er Antworten auf die Fragen des Lebens geben - Bücher über Sehnsucht und Freundschaft, Glück und Glaube, Psychologie und Engel. "Ich will den Menschen Mut machen, ohne seichte Ratschläge zu erteilen", sagt der Pater, der morgen seinen 60. Geburtstag feiert. "Es gibt eine große Sehnsucht nach Spiritualität." Die christliche Botschaft baue auf.Seine schlichte Sprache, die klaren Gedanken und die einfache Botschaft fallen auch in Weinsberg auf fruchtbaren Boden. "Die Mönche müssen sich täglich den Tod vor Augen halten, um realistisch zu leben", steigt der Katholik ins Thema ein. Anselm Grün empfiehlt den Zuhörern, bewusster zu leben, die "Lebensspur einzugraben." Der Tod dürfe auch bei Schwerstkranken nicht verdrängt werden. Der Pater, der Theologie, Philosophie und Betriebswirtschaft studiert hat, hält es für wichtig, Versöhnungsprozesse in der Familie einzuleiten. "Das Sprechen über den Tod ist die Chance, dass Beziehungen ehrlicher werden." Viele könnten jedoch nicht loslassen.Aus philosophischer Sicht charakterisiert der Benediktinermönch den Tod als "letzte Freiheitstat des Lebens", aus theologischer Sichtweise als "die Begegnung mit dem liebenden Gott". Er empfiehlt beim Umgang mit dem Sterben "gute Trauerrituale". So wie die todkranke Mutter, die noch einen Abschiedsbrief an ihre kleinen Kinder schrieb. Auch die Krankensalbung sei hilfreich im Kreise der Familie, um Nähe zu zeigen. Trauer darf gelebt werden: Schmerz, Abschied, auch Wut über die Verletzung, das Verlassen. Das Beten sei wie ein Begleiten. Auch Kinder bräuchten Trauererfahrung und Rituale. Er rät, über Verstorbene in Trauer und Dankbarkeit nachzudenken.
Von Luzia Grimm

 Pater Anselm Grün signierte Bücher vor seinem Vortrag.(Foto: Rabea Sattar)
12.01.2005 00:00
Hospizdienst Weinsberger Tal, Sudetenstr. 6, 74189 Weinsberg Tel. 07134/914285,  E-Mail: vorstand@hospiz-weinsberg.de
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