2006 - Hospizdienst Weinsberger Tal e. V.

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2006

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Eindrückliche Abschiedsspuren in Bildern und Fotografien
Sie thematisieren Schmerz, Abschied, Hoffnung und Erlösung in ihren Bildern. Die Ausstellung „Abschiedsspuren“ in Obersulm zeigt, wie Menschen aus dem Münchener Sankt Christopherus Hospiz in Bildern und Fotografien Abschied vom Leben genommen haben.
Der Hospizdienst Weinsberger Tal und die Gemeinde Obersulm eröffneten jetzt im Obersulmer Rathaus die beeindruckende Ausstellung mit 40 Exponaten. „Gegenüber dem Tod steht der Mensch zwischen der Scylla, der Resignation, und der Charybdis, der Rebellion. In der Kreativität finden wir vielleicht einen Weg, der uns bisweilen aus dieser Situation herausführt“, zitierte Pfarrerin Elfriede Schick bei der Ausstellungseröffnung einen Kunsttherapeuten, der Menschen in ihrer letzten Lebensphase begleitet und zum Malen ermutigt hat.
In ihren Bildern hätten die Menschen ihre innersten Gefühle in Formen und Farben gebracht, Gefühle, die oft nicht in Worte zu fassen seien, sagte Elfriede Schick. Sie lobte Obersulms Bürgermeister Harry Murso für den Mut, diese Ausstellung im Obersulmer Rathaus zu zeigen. Auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten sei man mehrfach auch abgewiesen worden.
„Sterben und Tod sind so etwas wie die letzten Tabus unserer Zeit“, sagte Obersulms Bürgermeister. Diese Themen hätten meist keinen Platz im Alltag und würden an den Rand gedrängt, wo sie kaum wahrnehmbar seien. „Mit dieser Ausstellung zwingen wir uns, zwingen wir die Besucher des Rathauses zur Konfrontation, zur Auseinandersetzung mit dem Thema“, will Murso dazu beitragen, Ängste und Unsicherheiten abzubauen. Die Bilder würden neben vielen Fragen an den Betrachter auch Lichtblicke bieten.
Johannes Bahr vom Theater Heilbronn führte in beeindruckender Weise mit einer Lesung zum Thema Tod, Vergänglichkeit und Hoffnung hin. Dazu hatte er viele Gedichte, Texte, Gebete und Briefe von Kalil Gibran, Annette von Droste-Hülshoff, Hermann Hesse und vielen anderen Autoren zusammengestellt. Das Streichquartett der Musikschule Obersulm unter der Leitung von Ioan Lungu bereicherte die Vernissage mit drei Musikstücken von Joseph Haydn, Maurice Jarre und Georg Friedrich Händel.
„Ich finde es gut, wenn jemand seine Gefühle so in Bildern ausdrücken kann“, ist Marlene Ritter beeindruckt. „Die Botschaften der Bilder haben etwas Tröstliches“ glaubt Ernst Pelzl. Und Rita Gold aus Weinsberg sieht in den Bildern eine „Lebenshilfe für die letzten Tage“. Mit persönlichen Beziehungen hat Jutta Kiesel aus Ingelfingen, die im Hospiz arbeitet, die Ausstellung ins Weinsberger Tal geholt.
Die Ausstellung ist bis zum 19. Oktober während der Dienstzeiten des Rathauses in Obersulm zu sehen.
von Gustav Döttling in der Heilbronner Stimme vom 18.09.2006



Zarte Bilder einer Ausstellung als Schlüssel zum Paradies
Herr R. und sein Enkel malen miteinander, jeder für sich. Herr R. gestaltet in der Mitte seines Bildes eine schmale Landschaft, der Enkel füllt das Blatt mit lauter Blau, nur die Mitte lässt er frei. Die beiden Zeichnungen lassen sich ineinander legen, sie passen genau zusammen: ein tief-blauer Himmel wölbt sich über der fast nur angedeuteten Landschaft und spiegelt sich noch einmal unter ihr. Eine tiefe Harmonie und Vertraulichkeit zwischen Großvater und Enkel ist zu spüren.
Und wenn man weiß, dass es das letzte Bild ist, das die beiden zusammen gemalt haben, entdeckt man noch Tieferes. „Abschiedsspuren” ist der Titel der Ausstellung, zu der auch dieses kleine Werk gehört. Menschen, die in einem Hospiz ihrem Tod entgegengehen, haben in ihren Bildern von ihren innersten Gefühlen „erzählt`, für die ihnen vielleicht die Worte gefehlt haben mögen.
Zustände von Schwäche und Resignation, Wut und Verzweiflung wechseln mit Stärke und Zuversicht, mit innerem Frieden und der Bereitschaft, aus dieser Welt zu gehen. So sehe ich auch das Großvater-Enkel-Bild: Die Landschaft wirkt wie verloren auf dem großen Blatt, als habe er sich schon weit aus ihr entfernt und suche in der Leere um sie herum nach einem anderen Platz.
Und der Enkel spürt das instinktiv und hüllt alles ein mit seinem Blau, in der Malerei nicht nur die Farbe des sichtbaren Himmels, sondern gerade der Transzendenz, der Gottesnähe. Unbewusst zeigt der Kleine dem Sterbenden seinen
Platz. „Bilder sind der Schlüssel zum Paradies”, schreibt ein großer Kunstsammler. In den „Abschiedsspuren” (zu sehen im Rathaus in Affaltrach) lässt sich etwas davon erahnen.
Neben den oft bizarren Auseinandersetzungen mit dem nahen Tod berühren die zarten, leichten Farben und Formen, die Helligkeit und Wärme, die viele Bilder ausstrahlen. Und unwillkürlich fragt man sich als Betrachter, wie man selber mir dem Sterben umgehen würde, wäre es nicht in unbestimmter Ferne, sondern ganz nah vor der Tür. Dass wir alle sterben werden, ist eigentlich das Sicherste, was wir vom Leben wissen können. Und doch tun wir immer wieder so, als ob alle anderen sterblich wären, nur nicht wir selber.
n den Psalmen bittet einer um 'Einsicht in seine Endlichkeit: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.” Was für eine Klugheit da-mit gemeint sein könnte, drückt eine alte Inschrift im Dom zu Schleswig mit einem Wortspiel aus: „Wir müssen täglich sterben, damit wir nicht sterben, wenn wir sterben.” Täglich sterben, die Gedanken an den Tod hereinlassen, das ist die Kunst, die Lebenskunst. Täglich sterben, das heißt, täglich leben, bewusst und dankbar für diese Zeit und im Wissen, dass jede Nacht schon ein Stückchen Abschied vom Leben ist. Sich dem öffnen bedeutet, jenes große Loslassen im Kleinen einzuüben, um das es am Ende gehen wird.
Mozart, an den wir in diesem Jahr so oft denken, hat früh gelernt: „Ich lege mich nie zu Bette ohne zu bedenken, dass ich vielleicht so jung als ich bin, den anderen Tag nicht mehr sehen werde – und es wird doch kein Mensch von allen, die mich kennen, sagen können, dass ich im Umgang mürrisch oder traurig wäre – und für diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer und wünsche sie von Herzen jedem meiner Mitmenschen.”
Elfriede Schick in der Heilbronner Stimme vom 15.09.2006




Wertvolle Hilfe auf dem Weg zur Ruhe
„Manchmal erfüllen wir einen letzten Wunsch. Oft sind wir aber auch einfach nur da”, so beschreibt Margot Vohrer ihr ehrenamtliches Engagement als Hospizbegleiterin. Seit sechs Jahren besucht die Erlenbacherin Schwerkranke und Sterbende, hört ihnen zu, gibt ihnen Nähe und steht den Angehörigen mit Rat und Tat zur Seite.
Dabei war es gerade ihre eigene Unsicherheit im Umgang mit der Grenzerfahrung Sterben, die Margot Vohrer zum Hospizdienst gebracht hat: „Wir hatten einen Fall in der Familie, da hatte ich den Wunsch, aber auch gleichzeitig Angst, einem Menschen beim Sterben beizustehen.”
Heute ist Margot Vohrer nicht mehr unsicher. Aber die Arbeit führt sie dennoch immer wieder an die eigenen Grenzen heran: „Ich bin ein Schaffer und Macher”, sagt sie über sich. Im Hospizdienst habe sie gelernt, "sich damit abzufinden, dass man manchmal einfach nur dasitzen kann und aushalten muss, dass ein Mensch geht".
„Es macht auch Freude, sonst würde es keiner tun”, beschreibt Horst Gold, Vorsitzender des Hospizdienstes, die Arbeit als ein Geben und Nehmen von Zuneigung und Achtung. Dabei sind es nicht nur vereinsamte Menschen, die die Zuwendungen der Hospizbegleiterinnen in Anspruch nehmen. Gold sagt: „Irgendwann sind die pflegenden Angehörigen mit ihren Kräften am Ende. Dann ist es gut zu wissen, dass jemand da ist, der kommt und sich kümmert.”
Bei Bewältigung von Trauer steht das Hospiz zur Seite
Auch in punkto Trauerbewältigung stehen die Hospizbegleiterinnen den Angehörigen in einer Überforderungssituation zur Seite. „Wenn man vermitteln kann”, berichtet Margot Vohrer von einem Fall, "dass ein Sohn seine sterbende Mama in den Arm nimmt und mit ihr weint - dann hat man etwas Großes in Bewegung gebracht."
Im vergangenen Jahr sind so über 800 Einsatzstunden für die 25 ehrenamtlichen Helfer - fast ausnahmslos Frauen - zusammengekommen, übrigens, ohne zusätzliche Kosten für die Betroffenen zu verursachen. Denn finanziert wird der 1994 gegründete Verein über die Beiträge seiner 105 Mitglieder und durch Spenden.
Derzeit bereiten sich weitere 17 Frauen und drei Männer unter Leitung der ehemaligen Pfarrerin Elfriede Schick aus Wüstenrot-Neulautern auf ihr künftiges Engagement als Hospizbegleiter vor. Sie lernen, den Menschen die Angst vor den Schmerzen und der Einsamkeit zu nehmen, „damit diese die letzte Zeit ihres Lebens selbstbestimmt und erfüllt in vertrauter Umgebung verbringen können”. (st)
Andreas Tschürtz, 15.03.2006
Hospizdienst Weinsberger Tal: Telefon 07134/ 900147 oder 0172/ 9539709, Internet www.hospiz-weinsberg.de. Spendenkonto: Kreissparkasse Heilbronn, Konto 013 790 462, BLZ 620 500 00




Podiumsdiskussion über Sterbehilfe
Selbstbestimmungsrecht bis zur letzten Lebensminute, Patientenverfügung, passive oder aktive Sterbehilfe: Kontrovers, aber sehr sachlich diskutierten die Vertreter auf dem Podium in Weinsberg über diese komplexen Themen.
Aufmerksam verfolgen über 180 Zuhörer im Erhard-Schnepf-Haus die Veranstaltung von Hospizdienst Weinsberger Tal und Weinsberger Kirchen. Lutz Wagner, Leiter des SWR-Studios Heilbronn-Franken, führt die Teilnehmer durch ein "schwieriges Feld" von rechtlichen Möglichkeiten und moralischen Aspekten entlang der Grenze zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe.
Elke Ehrenfeld, Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), spricht sich klar für das "selbstbestimmte Sterben" aus. Die gelernte Krankenschwester hofft auf eine gesetzliche Regelung wie in der Schweiz. Dort darf der Arzt den Freitod nach festgelegten Kriterien begleiten. Ehrenfeld sagt auch: "Wenn meine Krebskrankheit weiter geht, fahre ich in die Schweiz."
Sie vertritt damit die Minderheitsmeinung auf dem Podium. Elfriede Schick, Klinikseelsorgerin in Löwenstein und frühere Pfarrerin in Neulautern, setzt aus christlicher Sicht das "klare Nein" zur aktiven Sterbehilfe entgegen. Aber: Die Mediziner sollten alte Menschen auch sterben lassen, "wenn der Weg dazu eingeschlagen ist".
Dr. Karl-Heinz Koniczek, Leiter des Onkologischen Schwerpunktes Heilbronn im SLK-Klinikum am Gesundbrunnen, fühlt sich in der derzeitigen Rechtslage nicht eingeengt. Bei jährlich 1000 Krebspatienten in der SLK-Klinik höre er nur alle drei bis vier Jahre einmal den Wunsch nach Sterbehilfe im Gespräch. "Die Zahl ist sehr gering."
Dr. Sigmund Jakob aus Weinsberg betreut als Arzt die Patienten im Franken-Hospiz: "Wir Hospizärzte lehnen die aktive Sterbehilfe ab." Auch als Christ habe er keine Verfügungsgewalt über das Leben. Eine immer ausgeprägtere Schmerztherapie ermögliche Patienten eine Lebensqualität in der letzten Phase. Die beiden Ärzte befürchten jedoch einen "Dammbruch" und kritisieren die DGHS wegen einer möglichen Kommerzialisierung, wenn Deutschland gesetzliche Regelungen schaffe.
Ein Fachanwalt für Medizinrecht ist Dr. Markus Kleine aus Heilbronn. Er ließ sich auch zum Hospizhelfer ausbilden. Kleine nennt Grauzonen wie Wachkomapatienten, die künstlich am Leben erhalten werden oder die aktive Sterbehilfe wie in Belgien oder Holland, wenn unheilbare Menschen vom Arzt die "erlösende Spritze bekommen". Kleine rät davon ab, vorschnell Gesetze in Deutschland zu ändern. Zuerst müsse geklärt werden: "Was ist gesellschaftlich erwünscht?"
Einig sind sich alle über die Bedeutung von Patientenverfügungen. Nur zehn Prozent der Deutschen hätten eine, weiß Elke Ehrenfeld zu berichten. Die Mannheimerin hat festgelegt: keine Magensonde legen, nach zehn Tagen im Wachkoma alle Geräte abschalten. Anwalt Kleine findet die Verfügung sinnvoll, wenn man noch klar bei Sinnen sei. Aber: "Man kann nicht alle Situationen vorweg bestimmen." Wichtig sei auch, dass Angehörige Bescheid wissen, ergänzt Jakob. Theologin Schick hat keine Vorsorgevollmacht, "aber Freunde, die wissen, was ich will".
"Was ist das Recht auf Sterben in Würde?", lautet die Schlussfrage des Moderators. Größte Probleme sieht Kleine bei der aktiven Sterbehilfe, er erzählt von weiteren Überlegungen in Holland, ob Eltern die Entscheidung für ihr schwerstkrankes Kind treffen dürfen. "Ich will keine Drittentscheidung", pocht die DGHS-Vertreterin auf die Selbstbestimmung bis zum Tod. Onkologe Koniczek sieht keinen Bedarf für neue gesetzliche Regelungen. Sein Kollege Jakob würdigt die "gute Schmerztherapie und eine gute Sterbebegleitung". Und Elfriede Schick will, "dass an meinem Bett gebetet und gesungen wird".
Heilbronner Stimme am 10.03.2006 von Joachim Kinzinger
Eine große Hilfe
Zum Thema "Schmetterlingsgräber" vom 3. April.
 
Ich bin als Mutter eines Frühchens, von Herzen froh, dass die Stadt Heilbronn sich endlich dazu entschlossen hat, eine Gedenkwiese für die Schmetterlingsgräber bereit zu stellen. Viel zu lange war es ein furchtbarer Gedanke, dass tote Frühgeborene, nur weil sie "zu leicht" waren, als Krankenhausmüll verbrannt wurden. Natürlich ist Trauer nicht von einem Ort abhängig, an dem man trauern kann, aber es ist für viele Eltern sicherlich eine große Hilfe, an einen Ort zu gehen, an dem sie sich mit ihren toten Kindern verbunden fühlen können. Ich wünsche allen Schmetterlingseltern von Herzen viel Kraft, ihre Trauer zu bewältigen.
Karen Richter, Langenbrettach

???Jahr




Artikel zur Werbung neuer ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
 
In suizidalen Krisen da sein und begleiten
- Als Menschen für einen Menschen -
 
Der Arbeitskreis Leben (AKL) Heilbronn sucht ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Suizidnachsorge und Krisenintervention.
 
Eine neue Ausbildungsgruppe beginnt im Frühsommer 2006.
-          Haben Sie Interesse an der Begegnung mit Menschen und wollen Sie Ihre Fähigkeiten einbringen und erweitern bei der Begleitung von Menschen in Lebenskrisen ...
-          Tauschen Sie sich gern in einer MitarbeiterInnengruppe aus, die offen ist für Ihre Erfahrungen und Ihnen Unterstützung gibt ...
-          Möchten Sie sich dabei selbst besser kennen lernen ...
...dann können Sie bei uns mitarbeiten.
 
Sie erhalten eine gute Ausbildung und werden so auf diese Mitarbeit vorbereitet. Anschließend werden Sie durch regelmäßige Supervision und Fortbildungen fachlich begleitet.
Wenn Sie an einer Mitarbeit interessiert sind und mehr dazu wissen möchten, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf:
 
Arbeitskreis Leben (AKL)
Weinsberger Straße 45
74072 Heilbronn
Tel. (07131) 16 42 51
Fax (07131) 94 03 77
E-Mail AKLHeilbronn@aol.com
 
Träger:
Evang. Kirchenbezirk Heilbronn
Kath. Dekanatsverband Heilbronn-Neckarsulm



Heilbronner Stimme, 10.03.06
 
Selbstbestimmung bei Sterbehilfe?
Von Joachim Kinzinger
 
Selbstbestimmungsrecht bis zur letzten Lebensminute, Patientenverfügung, passive oder aktive Sterbehilfe: Kontrovers, aber sehr sachlich diskutierten die Vertreter auf dem Podium in Weinsberg über diese komplexen Themen.
 
Aufmerksam verfolgen über 180 Zuhörer im Erhard-Schnepf-Haus die Veranstaltung von Hospizdienst Weinsberger Tal und Weinsberger Kirchen. Lutz Wagner, Leiter des SWR-Studios Heilbronn-Franken, führt die Teilnehmer durch ein „schwieriges Feld“ von rechtlichen Möglichkeiten und moralischen Aspekten entlang der Grenze zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe.
Elke Ehrenfeld, Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), spricht sich klar für das „selbstbestimmte Sterben“ aus. Die gelernte Krankenschwester hofft auf eine gesetzliche Regelung wie in der Schweiz. Dort darf der Arzt den Freitod nach festgelegten Kriterien begleiten. Ehrenfeld sagt auch: „Wenn meine Krebskrankheit weiter geht, fahre ich in die Schweiz.“
Sie vertritt damit die Minderheitsmeinung auf dem Podium. Elfriede Schick, Klinikseelsorgerin in Löwenstein und frühere Pfarrerin in Neulautern, setzt aus christlicher Sicht das „klare Nein“ zur aktiven Sterbehilfe entgegen. Aber: Die Mediziner sollten alte Menschen auch sterben lassen, „wenn der Weg dazu eingeschlagen ist“.
Dr. Karl-Heinz Koniczek, Leiter des Onkologischen Schwerpunktes Heilbronn im SLK-Klinikum am Gesundbrunnen, fühlt sich in der derzeitigen Rechtslage nicht eingeengt. Bei jährlich 1000 Krebspatienten in der SLK-Klinik höre er nur alle drei bis vier Jahre einmal den Wunsch nach Sterbehilfe im Gespräch. „Die Zahl ist sehr gering.“
Dr. Sigmund Jakob aus Weinsberg betreut als Arzt die Patienten im Franken-Hospiz: „Wir Hospizärzte lehnen die aktive Sterbehilfe ab.“ Auch als Christ habe er keine Verfügungsgewalt über das Leben. Eine immer ausgeprägtere Schmerztherapie ermögliche Patienten eine Lebensqualität in der letzten Phase. Die beiden Ärzte befürchten jedoch einen „Dammbruch“ und kritisieren die DGHS wegen einer möglichen Kommerzialisierung, wenn Deutschland gesetzliche Regelungen schaffe.
Ein Fachanwalt für Medizinrecht ist Dr. Markus Kleine aus Heilbronn. Er ließ sich auch zum Hospizhelfer ausbilden. Kleine nennt Grauzonen wie Wachkomapatienten, die künstlich am Leben erhalten werden oder die aktive Sterbehilfe wie in Belgien oder Holland, wenn unheilbare Menschen vom Arzt die „erlösende Spritze bekommen“. Kleine rät davon ab, vorschnell Gesetze in Deutschland zu ändern. Zuerst müsse geklärt werden: „Was ist gesellschaftlich erwünscht?“
Einig sind sich alle über die Bedeutung von Patientenverfügungen. Nur zehn Prozent der Deutschen hätten eine, weiß Elke Ehrenfeld zu berichten. Die Mannheimerin hat festgelegt: keine Magensonde legen, nach zehn Tagen im Wachkoma alle Geräte abschalten. Anwalt Kleine findet die Verfügung sinnvoll, wenn man noch klar bei Sinnen sei. Aber: „Man kann nicht alle Situationen vorweg bestimmen.“ Wichtig sei auch, dass Angehörige Bescheid wissen, ergänzt Jakob. Theologin Schick hat keine Vorsorgevollmacht, „aber Freunde, die wissen, was ich will“.
„Was ist das Recht auf Sterben in Würde?“, lautet die Schlussfrage des Moderators. Größte Probleme sieht Kleine bei der aktiven Sterbehilfe, er erzählt von weiteren Überlegungen in Holland, ob Eltern die Entscheidung für ihr schwerstkrankes Kind treffen dürfen. „Ich will keine Drittentscheidung“, pocht die DGHS-Vertreterin auf die Selbstbestimmung bis zum Tod. Onkologe Koniczek sieht keinen Bedarf für neue gesetzliche Regelungen. Sein Kollege Jakob würdigt die „gute Schmerztherapie und eine gute Sterbebegleitung“. Und Elfriede Schick will, „dass an meinem Bett geb



Jahr?????

Überblick
1. Ist ak­ti­ve oder pas­si­ve Ster­be­hil­fe recht­lich zu­läs­sig? Zur Rechts­la­ge in der Bun­des­re­pub­lik Deutsch­land
2. Rechts­po­li­ti­sche Leit­sät­ze der Deut­schen Ge­sell­schaft für hu­ma­nes Ster­ben e.V. zu ei­ner ge­setz­li­chen Re­ge­lung der Ster­be­hil­fe
3. Ein­wän­de ge­gen ei­ne Le­ga­li­sie­rung ak­ti­ver Eu­tha­na­sie
4. Zusammenfassung
 
 
1. Ist ak­ti­ve oder pas­si­ve Ster­be­hil­fe recht­lich zu­läs­sig? Zur Rechts­la­ge in der Bun­des­re­pub­lik Deutsch­land:
Das deut­sche Straf­recht wird von dem prin­zi­pi­el­len Ver­bot der Tö­tung frem­den Le­bens be­stimmt. Aus­prä­gung die­ses Fremd­tö­tungs­ver­bo­tes ist § 216 StGB. Nach die­ser Be­stim­mung wird auch der­je­ni­ge mit ei­ner Frei­heits­stra­fe von sechs Mo­na­ten bis zu fünf Jah­ren be­straft, der durch das aus­drück­liche und ernst­haf­te Ver­langen des Ge­tö­te­ten zur Tö­tung be­stimmt wor­den ist. Wer al­so al­lein aus Mit­leid ei­nen an­de­ren Men­schen tö­tet, wird selbst dann be­straft, wenn die Tö­tung von dem Ge­tö­te­ten aus­drück­lich ge­wünscht wird. We­gen der be­son­de­ren psy­chi­schen Aus­nah­me­si­tua­ti­on ist je­doch der Straf­rah­men bei der Tö­tung auf Ver­lan­gen ge­gen­über den sons­ti­gen Fremd­tö­tungs­de­lik­ten deut­lich re­du­ziert.
Die­sem Prin­zip steht im deut­schen Straf­recht die Straf­frei­heit der Selbst­tö­tung ge­gen­über. Da der Sui­zid straf­los ist, ist auch die An­stif­tung oder Bei­hil­fe zur Selbst­tö­tung nicht straf­bar. Wer al­so ei­nem Schwerst­kran­ken auf des­sen Wunsch ei­ne Sprit­ze mit todbringendem In­halt be­reit­legt, die der Schwerst­kran­ke sich an­schlie­ßend in frei­er Wil­len­sent­schei­dung selbst setzt, macht sich nicht straf­bar, wer hin­ge­gen die todbringende Sprit­ze auf Wunsch des Ster­bens­kran­ken ver­ab­reicht, weil die­ser hier­zu nicht mehr selbst in der La­ge ist, macht sich we­gen Tö­tung auf Ver­lan­gen straf­bar. Maß­ge­blich für die Un­ter­schei­dung zwi­schen Tö­tung auf Ver­lan­gen und blo­ßer Teil­nah­me am Sui­zid ist, ob die letz­te Ent­schei­dung über die Her­bei­füh­rung des To­des bei dem Be­trof­fe­nen selbst ver­bleibt oder ob die Ent­schei­dung über den To­de­sein­tritt ei­nem Drit­ten letzt­ve­rant­wortlich ob­liegt.
An­de­rer­seits kann je­der Pa­ti­ent auf­grund des ihm zu­ste­hen­den Selbst­be­stim­mungs­rechts die Fort­füh­rung ei­ner me­di­zi­ni­schen Be­hand­lung ab­leh­nen und bei­spiels­weise auch durch Nicht­an­wen­dung von nach me­di­zi­ni­scher Sicht ge­bo­te­nen le­bens­ver­län­gern­den Maß­nahm­en den Ster­be­pro­zess be­ein­flus­sen.
Um­strit­ten ist, ob bei Fäl­len, in de­nen der Pa­ti­ent völ­lig ent­schei­dungs­un­fä­hig oder zu­min­dest nicht mehr an­sprech­bar ist, das Ab­set­zen von The­ra­pi­en und das Un­ter­las­sen le­bens­ver­län­gern­der Maß­nah­men zu­läs­sig ist. Dies sind die Fäl­le der so­ge­nann­ten pas­si­ven Ster­be­hil­fe. Muss der Arzt ei­nen Pa­ti­en­ten, der nach ei­nem schwe­ren Ver­kehrs­un­fall in ein nach me­di­zi­ni­scher Er­kennt­nis dau­er­haf­tes Ko­ma ver­fal­len ist, bis zum Ein­tritt des Hirn­to­des mit al­len tech­ni­sch ein­setz­ba­ren Appa­ra­ten am Le­ben erhal­ten?
Die über­wie­gen­de Auf­fas­sung der Straf­recht­ler und Ver­fas­sungs­recht­ler geht da­hin, dass die Le­ben­ser­hal­tungs­pflicht dann en­den darf, wenn ei­nem Pa­ti­en­ten auf­grund un­wiederbringlichen Ver­lus­tes jeg­lich­er Re­ak­ti­ons­fä­hig­keit die Mög­lich­keit wei­te­rer Selbst­wahr­neh­mung und Selbst­ver­wirk­li­chung ge­nom­men ist. Bei nach­weis­lich ir­re­ver­si­blem Be­wusst­seins­ver­lust stellt dem­nach ein ein­sei­ti­ger Be­hand­lungs­ab­bruch kei­nen Ver­stoß ge­gen das Fremd­tö­tungs­ver­bot dar, auch wenn ein Arzt als so­ge­nann­ter Ga­rant an­sons­ten durch die Über­nah­me der ärzt­li­chen Be­hand­lung grund­sätz­lich we­gen Tö­tung durch Un­ter­las­sen be­langt wer­den kann, wenn er nicht al­le me­di­zi­nisch ge­bo­te­nen Mög­lich­kei­ten zur Ver­mei­dung des To­de­sein­tritts aus­schöpft.
Be­grün­det wird die­se Recht­fer­ti­gung des ein­sei­ti­gen Be­hand­lungs­ab­bruchs mit der Ziel­set­zung des ärzt­li­chen Auf­tra­ges (vgl. Al­bin Eser in: Wal­ter Jens, Hans Küng, Men­schen­wür­dig ster­ben, 2. Auf­la­ge 1998, Sei­te 161 ff.). In der Le­bens­ver­län­ge­rung als sol­cher sei kein aus­schließ­li­ches Ziel der me­di­zi­ni­schen Pra­xis mehr zu er­bli­cken. Nicht die quan­ti­ta­tiv-bio­lo­gi­sche Ver­län­ge­rung des Le­bens um ih­rer selbst wil­len, son­dern im Zu­sam­men­hang da­mit auch die Er­mög­li­chung ei­nes Mi­ni­mums an per­so­na­ler Selbst­ver­wirk­li­chung sei In­halt des ärzt­li­chen Auf­trags. Er­weist sich die­ses Ziel als nicht mehr er­reich­bar, so ist wei­te­res me­di­zi­ni­sches Be­mü­hen schon nicht mehr Dienst am Men­schen und da­mit au­ch recht­lich nicht mehr ge­bo­ten.
Schwie­rig­kei­ten bes­tehen, ver­bind­li­che Leit­li­ni­en für die Gren­zen der Le­ben­ser­hal­tungs­pflicht auf­zu­zei­gen. Die Schwei­zer Richt­li­nien für Ster­be­hil­fe aus dem Jahr 1977 emp­feh­len, dass ein Arzt mit der Be­hand­lung auf­hö­ren darf, wenn der Pa­ti­ent "kein be­wuss­tes und um­welt­be­zo­ge­nes Le­ben mit ei­ge­ner Per­sön­lich­keits­ges­tal­tung" mehr wird füh­ren kön­nen. Eser (a.a.O. Sei­te 164) möch­te den Zeit­punkt, von dem an kein be­wuss­tes und um­welt­be­zo­ge­nes Le­ben mehr mög­lich ist, da­hin­ge­hend kon­kre­ti­sie­ren, dass ein ir­re­ver­sib­ler Be­wusst­seins­ver­lust fest­ste­hen muss. Ein Be­hand­lungs­ab­bruch wä­re dann von dem Mo­ment an zu­läs­sig, wo nach mensch­li­cher Ein­schät­zung ein Pa­ti­ent nie mehr zum Be­wusst­sein zu­rück­fin­den kann.
Wenn die Kri­te­ri­en er­füllt sind, die ei­nen ein­sei­ti­gen Be­hand­lungs­ab­bruch durch das Un­ter­las­sen le­bens­ver­längernder Maß­nah­men (pas­si­ve Ster­be­hil­fe) recht­fer­tig­en, ist auch ein tech­ni­scher Be­hand­lungs­ab­bruch er­laubt. Un­ter ei­nem tech­ni­schen Be­hand­lungs­ab­bruch wird bei­spiels­wei­se das Ab­schal­ten ei­nes Be­at­mungs­ge­rä­tes durch den da­für zu­stän­di­gen Arzt ver­stan­den. Ob­wohl die­ses Ab­schal­ten ein ak­ti­ves Tun dar­stellt und da­mit dem Fremd­tö­tungs­ver­bot zu­wi­der­läuft, ent­spricht die­ses Han­deln sei­nem so­zia­len Sinn nach der Ein­stel­lung ei­ner me­di­zi­nisch sinn­los ge­wor­de­nen und der Men­schen­wür­de wi­der­spre­chen­den Wei­ter­be­hand­lung un­mit­tel­bar in der Pha­se des Ster­bens be­find­li­cher Pa­ti­en­ten.
Ei­ne wei­te­re Fall­grup­pe um­fasst die so­ge­nann­te in­di­rek­te Ster­be­hi­lfe. Ge­meint sind Fäl­le, in de­nen ein Arzt zur Schmerz­lin­de­rung ein be­stimm­tes Mit­tel, z.B. Mor­phium, ver­ab­reicht und hier­bei ein le­bens­ver­kür­zen­des Ri­si­ko die­ses Schmerz­mit­tels be­wusst in Kauf nimmt. In recht­li­cher Hin­sicht prob­le­ma­tisch ist, dass der Arzt hier be­dingt vor­sätz­lich han­delt. Nach heu­te vor­herr­schen­der Auf­fas­sung ist die In­kauf­nah­me des töd­li­chen Ri­si­kos bei der Ver­ga­be von schmerz­lin­dern­den Mit­teln nicht straf­bar, da der Ar­zt in ers­ter Li­nie ei­ne Schmerz­lin­de­rung her­bei­füh­ren will und ein töd­li­ches Ri­si­ko nicht be­ab­sich­tigt. Wenn sein Han­deln in tat­säch­li­chem oder mut­maß­li­chem Ein­ver­neh­men mit dem Pa­ti­en­ten steht, liegt ein die Be­stra­fung aus­schlie­ßen­der Recht­fer­ti­gungs­grund vor.
Da das Recht zur Selbst­be­stim­mung über den ei­ge­nen Kör­per in den Kern­be­reich der durch Art. 1 und 2 GG ins­ge­samt ge­schütz­ten mensch­li­chen Wür­de und Frei­heit ge­hört, ist bei der pas­si­ven und in­di­rek­ten Ster­be­hil­fe der Vor­rang des er­klär­ten Pa­tien­ten­wil­lens auch ver­fas­sungs­recht­lich ver­bürgt (Fried­helm Hu­fen, In du­bio pro dig­ni­ta­te. Selbst­be­stim­mung und Grund­rechts­schutz am En­de des Le­bens. Neue Ju­ris­ti­sche Wo­chen­schrift 2001, S.849 (856)). Der tat­säch­lich ge­äu­ßer­te oder zu ei­nem frü­he­ren Zeit­punkt do­ku­men­tier­te Wil­le - als der Pa­ti­ent zu selbst­ve­rant­wort­li­chem Han­deln noch in der La­ge war- ist ver­bind­lich und darf nicht über­gan­gen wer­den.
Ak­ti­ve Ster­be­hil­fe hin­ge­gen stellt ei­nen Ein­griff in das Grund­recht auf Le­ben dar, der nach gel­ten­dem Recht durch die Ein­wil­li­gung des Pa­ti­en­ten nicht ge­recht­fer­tigt wer­den kann.
 
2. Rechts­po­li­ti­sche Leit­sät­ze der Deut­schen Ge­sell­schaft für hu­ma­nes Ster­ben e.V. zu ei­ner ge­setz­li­chen Re­ge­lung der Ster­be­hil­fe:
Ei­ne ak­ti­ve Ster­be­hil­fe, d.h. ei­ne auf die Ab­kür­zung ei­nes Lei­dens­zus­tan­des zie­len­de Tö­tung, bei der die Tat­herr­schaft nicht beim un­heil­bar Kran­ken selbst, son­dern bei ei­nem an­de­ren liegt, soll nach Auf­fas­sung der DGHS in sel­te­nen Ext­rem­fäl­len recht­lich er­laubt sein. Die­se Be­schrän­kung auf Ex­trem­fäl­le sei not­wen­dig,  um den Ge­fah­ren des Miss­brauchs, des Ver­trau­ens­ver­lus­tes und der mö­glichen Aus­wei­tung der ak­ti­ven Ster­be­hil­fe auf Fäl­le von Mit­leids­tö­tung, in de­nen der un­heil­bar Kran­ke ei­ne Ster­be­hil­fe nicht aus­drück­lich ver­langt, zu­vor­zu­kom­men. Der Ext­rem­fall, der ei­ne ak­ti­ve Ster­be­hil­fe zu­läs­sig macht, ist nach Auf­fas­sung der DGHS dann ge­ge­ben, wenn die Tö­tung die Ab­kür­zung ei­nes schwe­ren und vo­raus­sicht­lich bis zum Tod an­dau­ern­den Lei­dens­zus­tan­des zum Ziel hat, der Wil­le des un­heil­bar Kran­ken auf ei­ner frei ver­ant­wort­li­chen, in­for­mier­ten und ernst­li­chen Ent­schei­dung be­ruht und an­de­re Mit­tel der Lei­dens­min­de­rung, wie ins­be­son­de­re pa­llia­ti­ve Maß­nah­men nicht zur Ver­fü­gung steh­en oder von dem Pa­ti­en­ten ab­ge­lehnt wer­den und als wei­te­re Vo­raus­set­zung au­ßer­dem fest­steht, dass der un­heil­bar Kran­ke, der den Tod wünscht, zu ei­ner Selbst­tö­tung dau­er­haft kör­per­lich nicht in der La­ge ist.
Die DGHS schlägt vor, § 216 StGB um ei­nen wei­te­ren Ab­satz zu er­gän­zen, in dem die dar­ge­leg­ten Vo­raus­set­zun­gen aus­drück­lich ge­re­gelt wer­den. Wenn die Tö­tung ei­nes un­heil­bar Kran­ken auf des­sen Ver­lan­gen von ei­nem Arzt aus­ge­führt wird, sei es au­ßer­dem ge­bo­ten, dass zu­sätz­lich ei­ne schrift­li­che Er­klä­rung des Pa­ti­en­ten vor­liegt, dass er ge­tötet zu wer­den wünscht. Au­ßer­dem ha­be ein zwei­ter Arzt das Vor­lie­gen der Vo­raus­set­zun­gen (Ab­kür­zung ei­nes schwe­ren Lei­dens­zus­tan­des, ei­gen­ver­ant­wort­li­che Ent­schei­dung, Feh­len oder Ab­leh­nung an­de­rer pa­llia­ti­ver Maß­nah­men, kör­per­li­che Un­fä­hig­keit zur Selbst­tö­tung) zu be­stä­ti­gen.
Nach Auf­fas­sung der  DGHS soll ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung der Ster­be­hil­fe das Recht je­des un­heil­bar Kran­ken, über sein Le­ben und Ster­ben so­wie über Art, Um­fang und Ab­bruch me­di­zi­ni­scher Maß­nah­men zu be­stim­men, stär­ken und durch­set­zen. Ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung soll den Ärz­ten Spiel­räu­me für ei­ne Hil­fe beim Ster­ben un­heil­barer Kran­ker er­öff­nen, die­se Spiel­räu­me aber auch be­gren­zen. Miss­bräu­chen der Ster­be­hil­fe im Sin­ne der Ver­fol­gung von an­de­ren als im Wohl und Wil­len des Pa­ti­en­ten be­grün­deten Zwe­cken sol­len ver­hin­dert wer­den.
Die DGHS grenzt sich ge­gen­über der Ho­spiz­be­we­gung mit ih­ren ei­ge­nen Wor­ten wie folgt ab:
"Al­ler­dings for­dert die DGHS für Ster­ben­de noch mehr als Schmerz­be­kämp­fung und menschli­che Zu­wen­dung, wie sie von den Ho­spi­zen an­ge­bo­ten wer­den. Die DHGS stellt hier den Wil­len des Ster­ben­den noch stär­ker in den Vor­der­grund als die Ho­spiz­be­we­gung(en). Im Nor­mal­fall lehnt zwar auch die DGHS ak­ti­ve Ster­be­hil­fe ab. Doch ist sie in sel­te­nen, ext­re­men Fäl­len auch da­für - wenn der Kran­ke dies aus­drück­lich wünscht und da­mit ei­nen Lei­dens­zustand abk­ürzen will, der mit sei­ner per­sön­li­chen Wür­de nicht ver­ein­bar ist ... Die Hospiz­grup­pen schlie­ßen ei­ne sol­che ak­ti­ve Ster­be­hil­fe - auch wenn der Kran­ke dies aus­drück­lich wünscht  ab­so­lut aus."
Die DGHS spricht sich dem­nach für ei­ne ähn­li­che ge­setz­li­che Re­ge­lung wie in den Nie­der­lan­den aus. Dort wu­rde vor ei­ni­gen Mo­na­ten die seit An­fang der 80‑er Jah­ren prak­ti­zier­te Dul­dung ak­ti­ver Ster­be­hil­fe durch ei­ne ge­setz­li­che Grund­la­ge le­gi­ti­miert. Auch nach den nie­der­län­di­schen Be­stim­mun­gen ist ei­ne ak­ti­ve Ster­be­hil­fe nur aus­nahms­wei­se zu­läs­sig, wenn der To­des­kan­di­dat sei­nen Wunsch zu ster­ben un­be­ein­flusst und bei kla­rem Be­wusst­sein er­klärt hat, sein Lei­den schwer, ja un­er­träg­lich und durch kei­ner­lei me­di­zi­ni­sche Maß­nah­men zu lin­dern ist und vor dem Eu­tha­na­sie‑Akt der be­han­deln­de Arzt ei­nen Kol­le­gen zu Ra­te ge­zo­gen hat. Nach Ge­wäh­rung der Ster­be­hil­fe ist au­ßer­dem ei­ner Prü­fungs­kom­mis­si­on, wel­che die Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten über­wa­chen soll, ein Fall­be­richt zu­zu­sen­den.
 
3. Ein­wän­de ge­gen ei­ne Le­ga­li­sie­rung ak­ti­ver Eu­tha­na­sie:
Bei den fol­gen­den Dar­le­gun­gen wird auf die von Al­bin Eser in: Wal­ter Jens, Hans Küng, Men­schen­wür­dig ster­ben, 2. Auf­la­ge 1998 zu­sam­men­ge­tra­ge­nen Sicht­wei­sen weit­ge­hend Be­zug ge­nom­men.
 
Die Be­für­wor­ter der Le­ga­li­sie­rung der ak­ti­ven Eu­tha­na­sie ver­wei­sen auf die un­ter­schied­li­che, ih­rer Auf­fas­sung nach teil­wei­se will­kür­li­che Be­hand­lung von pas­si­ver und ak­ti­ver Ster­be­hil­fe. Sie wer­fen die Fra­ge auf, ob ei­ne schnell­wir­ken­de In­jek­ti­on grund­sätz­lich ethisch und recht­lich ver­werf­li­cher sei als ein die Qual des Ster­bens ver­län­gern­der Nah­rungs­ent­zug. Auch sei die Un­ter­schei­dung zwi­schen ge­recht­fer­tig­ter Schmerz­lin­de­rung mit Tö­tungs­ri­si­ko (in­di­rek­te Ster­be­hil­fe) ei­ner­seits und der un­zu­läs­si­gen ge­ziel­ten Tö­tung als Mit­tel der Schmerz­lin­de­rung (ak­ti­ve Eu­tha­na­sie) an­de­rer­seits nicht nach­voll­zieh­bar. Glei­ches gel­te für die Ab­gren­zung zwi­schen straf­lo­ser Bei­hil­fe zur Selbst­tö­tung und straf­ba­rem Tö­ten auf Ver­lan­gen. Es drängt sich die Fra­ge auf, ob das Zu­rück­las­sen von Schlaf­tab­let­ten auf dem Nacht­tisch des Pa­ti­en­ten, um die­sem die Selbst­tö­tung zu er­mög­li­chen, als Hand­lungs­wei­se wirk­lich so ver­schie­den von dem Fall ist, dass ei­ne Über­do­sis vom Arzt in­jiziert wird. Die ge­gen­wär­ti­gen recht­li­chen Be­stim­mun­gen sei­en zu hart. Das Ster­ben sei noch nicht als Teil der Per­sön­lich­keits­ver­wir­kli­chung be­grif­fen wor­den. Die ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen wür­den teil­wei­se das Recht, in Wür­de zu ster­ben, ver­ei­teln.
Es mag zwar denk­bar sein, dass der Ge­setz­ge­ber nicht ge­gen Ver­fas­sungs­recht ver­stößt, wenn er die Straf­bar­keit ak­ti­ver Ster­be­hil­fe für sol­che strikt ein­ge­grenz­ten Fäl­le auf­he­ben wür­de, in de­nen bei­spiels­wei­se ein Tod­kran­ker die­se oh­ne äu­ße­ren Druck und bei vol­lem Be­wusst­sein ver­langt (Fried­helm Hu­fen, In ­du­bio pro dig­ni­ta­te. Selbst­be­stim­mung und Grund­rechts­schutz am En­de des Le­bens. Neue Ju­ris­ti­sche Wo­chen­schrift 2001, Sei­te 849 (855)). Ob das im Grund­ge­setz ga­ran­tier­te Recht auf Le­ben (Art. 2) aber oh­ne wei­te­res auch ein Recht über Le­ben ga­ran­tiert und da­mit über ei­ne Res­pek­tie­rung der Selbst­tö­tung sei­tens des Staa­tes hi­naus­geht, ist zu­min­dest frag­lich. Die "Frei­heit zu Ster­ben" wirft ei­ne Viel­zahl wei­te­rer Fra­gen auf. Eser (a.a.O. Sei­te 172) führt hier­zu aus:
 
"Denn wir müs­sen uns da­rü­ber klar sein, dass dort, wo man die Tö­tung auf Ver­lan­gen für recht­mä­ßig er­klä­ren will, aus dem Recht zum Ster­ben ein Recht auf Ge­tö­tet­wer­den ge­macht wird. Wer aber dies tut, der über­sieht, dass bei ei­nem Recht auf Ge­tö­tet­wer­den not­wen­di­gerwei­se noch ei­ne an­de­re Per­son mit in die Tö­tung ein­be­zo­gen wer­den muss, dass al­so ge­nau be­se­hen mit der An­er­ken­nung ei­nes sol­chen An­spruchs die Pflicht des Staa­tes kor­res­pon­die­ren müss­te, je­man­den für die­se Tö­tung zur Ver­fü­gung zu stel­len."
Die Be­für­wor­ter ei­ner Le­ga­li­sie­rung ak­ti­ver Eu­tha­na­sie über­se­hen die Fol­ge­wir­kun­gen ih­rer For­de­run­gen. Wenn das Tö­tungs­ta­bu auf­ge­weicht wird, kann ein ethi­scher Damm­bruch die Fol­ge sein. Al­bin Eser weist zur Recht da­rauf hin, dass das Le­ben durch sei­ne Ver­füg­bar­keit zu­gleich sei­ne Un­an­tast­bar­keit ver­liert. Wenn die Ta­bu­gren­ze ein­mal über­schrit­ten ist, stellt sich die Fra­ge, wa­rum dann Le­ben nicht auch in an­de­ren Fäl­len ver­füg­bar sein soll. "Wa­rum nur da, wo sich ein Mensch selbst auf­gibt? Wa­rum nicht auch dort, wo er sich nur unver­nünf­ti­ger­wei­se nicht auf­gibt?" (Eser a.a.O. Sei­te 174)
Das gel­ten­de Straf­recht be­tont nach­hal­tig das Fremd­tö­tungs­ver­bot. Wenn die­ses Ta­bu auf­ge­löst wird, darf ge­fragt wer­den, wel­ches Ar­gu­ment ein aus­sichts­los kran­ker Mensch ge­gen die Er­war­tung sei­ner Um­welt, von sei­nem Recht auf Ge­tö­tet­wer­den doch end­lich Ge­brauch zu ma­chen, noch vor­brin­gen kann. Die Frei­heit zum Tod kann schnell in ei­ne Un­frei­heit zum Le­ben um­schla­gen, nicht zu­letzt auch im Hin­blick auf die zu­neh­men­den Er­war­tun­gen ei­ner ef­fek­ti­ven Kos­ten­er­spar­nis im Ge­sund­heits­we­sen. Der Res­pekt vor dem Le­ben und die Angst vor ei­ner Ge­fähr­dung der Men­schen­wür­de nährt die­se "Damm­bru­char­gu­men­ta­tion".
Nicht über­se­hen wer­den soll­te frei­lich, dass auch die Be­für­wor­ter ei­ner ge­setz­li­chen Ster­be­hil­fe­re­ge­lung die ver­fas­sungs­recht­lich ga­ran­tier­te Men­schen­wür­de und das Selbst­be­stim­mungs­recht als Leit­mo­tiv für ih­ren Re­form­wil­len be­nen­nen und zu Recht be­to­nen, dass der Le­bens­schutz nicht ge­gen Men­schen­wür­de und Selbst­be­stim­mung aus­ge­spielt wer­den darf. Letz­tlich sind un­ter ver­fas­sungs­recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten im mo­der­nen Rechts­staat un­ter­schied­li­che Re­ge­lungs­mo­del­le denk­bar. Für wel­ches Mo­dell sich ei­ne Ge­sell­schaft ent­schei­det, ist ei­ne po­li­tisch Fra­ge.
Aus der Sicht des Ver­fas­sers kann bei Aus­schöp­fung der der­zei­ti­gen ge­setz­li­chen Mög­lich­kei­ten nicht da­von die Re­de sein, dass der Pa­ti­en­tenwille nicht hin­rei­chend zur Gel­tung kom­men kann. Die Selbst­be­stim­mung fin­det frei­lich ih­re Gren­ze am po­li­tisch ge­woll­ten ab­so­lu­ten Fremd­tö­tungs­ver­bot.
Zu über­le­gen ist, ob in An­leh­nung an den Stutt­gar­ter Al­ter­na­tiv­ent­wurf ei­nes Ge­set­zes über Ster­be­hil­fe aus dem Jahr 1986 der Mitleidsmotivation in Fäl­len ak­ti­ver Ster­be­hil­fe in­so­weit Rech­nung ge­tra­gen wird, als bei ei­ner ak­ti­ven Ster­be­hil­fe von Stra­fe ab­ge­se­hen wird, wenn die Tö­tung der Be­en­di­gung ei­nes schwer­sten, vom Be­trof­fe­nen nicht mehr zu er­tra­gen­den Lei­dens­zus­tan­des dient, der nicht durch an­de­re Maß­nah­men be­ho­ben oder ge­lin­dert wer­den kann. Der Stutt­gar­ter Al­ter­na­tiv­ent­wurf hat in­so­weit ei­ne Er­gän­zung des § 216 StGB vor­ge­schla­gen. Im Un­ter­schied zu der von der DGHS ge­for­der­ten Ge­set­zes­än­de­rung geht der Stutt­gar­ter Al­ter­na­ti­vent­wurf wei­ter­hin da­von aus, dass ei­ne ak­ti­ve Ster­be­hil­fe grund­sätz­lich rechts­widr­ig ist und nur in ei­nem be­son­de­ren Aus­nah­me­fall trotz rechts­wid­rig‑schuld­haf­ten Ver­hal­tens von ei­ner Be­stra­fung ab­ge­se­hen wer­den soll. Die wei­ter­ge­hen­de For­de­rung der DGHS, die ak­ti­ve Ster­be­hil­fe in die­sem Aus­nah­me­fall so­gar als recht­lich zu­läs­sig an­zu­er­ken­nen, ist we­gen der so­zial­po­li­ti­schen Fol­ge­wir­kungen (Damm­bruch-Ar­gu­ment) ab­zu­leh­nen.

Dr. Mar­kus Klei­ne
Rechts­an­walt und Fach­an­walt für Ver­wal­tungs­recht
  
 
4.) Zusammenfassung:
Das gel­ten­de Straf­recht in der Bun­des­re­pub­lik ist von dem so­ge­nann­ten Fremd­tö­tungs­ver­bot be­herrscht. Gleich­wohl wer­den in be­son­de­ren Si­tua­tio­nen der ein­sei­ti­ge Be­hand­lungs­ab­bruch ei­nes todkranken Pa­ti­en­ten oder die in­di­rek­te Ster­be­hil­fe durch Ga­be schmerz­lin­dern­der Mit­tel mit le­bens­ver­kür­zen­dem Ri­si­ko ge­bil­ligt. Vor dem Hin­ter­grund der Ent­wick­lun­gen in den Nie­der­lan­den wird von ein­zel­nen Grup­pie­run­gen ein Recht, in Wür­de zu ster­ben und ei­ne Le­ga­li­sie­rung ak­ti­ver Eu­tha­na­sie in eng be­grenz­ten Aus­nah­me­fäl­len ge­for­dert. Be­fürch­ten man­che al­ten, kran­ken, be­hin­der­ten oder ster­ben­den Men­schen im Fal­le ei­ner teil­wei­sen Le­ga­li­sie­rung der ak­ti­ven Ster­be­hil­fe zu Recht ei­nen so­zia­len Druck in Rich­tung ei­nes bö­sen "so­zial­ver­trä­gli­chen Frühablebens" (Ex-Bun­de­särz­te­kam­merpräsident Vil­mar)?
Dr. Mar­kus Klei­ne er­läu­tert die Rechts­la­ge in der Bun­des­re­pub­lik Deutsch­land und geht an­schlie­ßend auf die Vor­schlä­ge der Deut­schen Ge­sell­schaft für hu­ma­nes Ster­ben zu ei­ner Re­form der ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen ein. In ei­nem drit­ten Ka­pi­tel wer­den Ein­wän­de ge­gen ei­ne Le­ga­li­sie­rung der ak­ti­ven Ster­be­hi­lfe dar­ge­stellt.


Hospizdienst Weinsberger Tal, Sudetenstr. 6, 74189 Weinsberg Tel. 07134/914285,  E-Mail: vorstand@hospiz-weinsberg.de
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