2009 - Hospizdienst Weinsberger Tal e. V.

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2009

Archiv > Chronik
Ursula Dieterich ist Hospizbegleiterin im Weinsberger Tal
„Es ist schön, Zeit zu schenken"
WEINSBERG - Sechs Stunden in der Woche kommt Ursula Dieterich ins stationäre Hospiz in Weinsberg. Dort begleitet sie schwerkranke Menschen, geht mit ihnen ein paar Schritte spazieren und schenkt ihnen ihre Zeit - wenn es geht bis zum letzten Atemzug.
Durch persönliche Kontakte wurde Ursula Dieterich vor Jahren auf den Verein Hospizdienst Weinsberger Tal aufmerksam und trat ein. „Das ist eine gute Sache", dachte sie, ohne zu wissen, dass sie einmal die Ausbildung zur Hospizbegleiterin machen würde.
Dann erkrankte ihr Mann Joachim an Krebs. Neun Jahre hat sie ihn begleitet und gepflegt, „bis er gehen konnte". „Es war eine sehr intensive Zeit", sagt die 59-Jährige heute. „Es war eine traurige, aber auch eine gute Erfahrung."
Während der Behandlungszeit in Krankenhäusern unterhielt sich die Ehefrau mit anderen Patienten. Dabei merkte sie, wie wohl es tat, wenn jemand zuhört und da ist. Vor zwei Jahren schloss die Mutter zweier erwachsener Söhne ihre Ausbildung als Hospizhelferin ab. „Heute hatte ich meinen ersten Einsatz und es ist alles gut gelaufen", erzählte sie ihrem Mann danach an dessen Grab.
Die regelmäßigen Gespräche mit dem Team und der Ausbilderin Elfriede Schick geben ihr Sicherheit. Ursula Dieterich hat seither viele schöne Erfahrungen in ihrem ehrenamtlichen Dienst sammeln können. Miteinander weinen, aber auch lachen können, einfach da sein, das ist, was zählt, sagt sie. Wenn sie das Vertrauen eines schwerkranken Menschen spüre, dann freue sie das - sei es in der Klinik Löwenstein, im Pflegeheim, im Franken-Hospiz oder zu Hause. „Es ist schön, Zeit zu schenken", sagt die Hospizbegleiterin, und es komme ganz viel zurück.
Das Verabschiedungsritual mit einer Kerze und mit einem Gebet sind ihr ganz wichtig. Wenn sie bei der Todesstunde nicht dabei sein kann, dann kommt sie später noch einmal. Sie weiß, wie wertvoll es ist, wenn sie Fragen der Angehörigen über die letzten Stunden des Sterbenden beantworten kann.
Gelernt hat Ursula Dieterich, auch über das eigene Ende nachzudenken und Dinge zu klären. Heute kann sie mit ihren Eltern alles besprechen. Gefühle und Gedanken verarbeitet die Weinsbergerin, die seit 39 Jahren in Lehrensteinsfeld wohnt, beim Malen. Zahlreiche Werke in Acryl-Technik zieren die Wände in ihrem Haus.
Margit Stöhr-Michalsky
Evang. Gemeindeblatt für Württemberg Nr. 19/2009



Gemeindenahe Lebensräume für alte Menschen schaffen
in der Gemeinde, im eigenen Lebensumfeld - dafür setzt sich Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner ein.
Alte nicht in Heime abschieben
Von Joachim Kinzinger
Seinem Ruf als Reformer und unbequemer Geist wird Professor Dr. Klaus Dörner auch in Weinsberg gerecht. Eindringlich wirbt er im Erhard-Schnepf-Gemeindehaus für den „dritten Sozialraum“ und sein Nachbarschaftsmodell, bei dem Alte in Wohngruppen leben und von den Bürgern der Umgebung versorgt werden.
Dörner kennt die Stadt bereits als Kerner-Preisträger. Knapp acht Monate nach der Verleihung kommt der 75-Jährige auf Einladung des Hospizdienstes Weinsberger Tal erneut in die Stadt, schaut sich vor seiner Rede noch das Stationäre Franken-Hospiz an. Seine Kleidung ist wie üblich leger: dunkler Pullover, schwarze Hose und Lederjacke.
Vor rund 100 Zuhörern im Gemeindehaus sagt Horst Gold, Vorsitzender des Hospizdienstes Weinsberger Tal, dass Dörner „Generationen von Menschen in sozialen Berufen beeindruckt“. In den 80er Jahren als radikaler Reformer einer psychiatrischen Anstalt, heute als Mahner gegen die Abschiebung alter Menschen in Heime.
Das Thema „Ich kann es nicht mehr ertragen - alte Menschen und ihre Betreuenden am Ende der Kraft“ weitet der in Hamburg lebende Dörner aus. Zunächst gibt der Psychiater eine Prognose ab: „Die Hospizarbeit ist etwas, das die Zukunft erst noch vor sich hat.“ Ausführlich schildert der Referent, der seit zehn Jahren fast jeden zweiten Tag zu Vorträgen und Tagungen unterwegs ist, wie seit 1980 das historische Pendel umgeschlagen ist: Sterbende nicht mehr ausgrenzen. Heute seien es 80 000 Hospizler im Bundesgebiet, ein flächendeckendes Netzwerk auf freiwilliger Basis.
Dörner macht auch dem Weinsberger Hospizdienst Mut, Selbstbewusstsein zu tanken, sich als Teil einer Bürgerbewegung für eine Integrationsgesellschaft zu verstehen, mehr soziale Verantwortung innerhalb eines Viertels zu übernehmen - den „Wir-Raum.“ Dörner: „Wir brauchen ihn wieder.“
Schon ist er beim Thema, dass sich die Gesellschaft mit dem Problem pflegebedürftiger alter Menschen ernsthafter befasst: „Das alte Hilfesystem funktioniert nicht.“ Für ihn sind Heime nur die zweitbeste Lösung. Den „dritten Weg“ mit ambulanten Wohnpflegegruppen in der Vertrautheit des Stadtteils schildert der Kritiker in seinem Buch „Leben und sterben, wo ich hingehöre“. Helfer und Helferinnen sind für Dörner die Pflegebedürftigen mit ihren verbliebenen Kräften selbst, ihre Angehörigen, Freunde, Nachbarn und Stadtteilbürger vor den Professionellen. 700 solche Wohngruppen gebe es in Deutschland, davon allein 70 in Bielefeld, 38 im Kreis Gütersloh oder eine in Ettenheim. Der Sozialreformer wirbt für eine „Bürgerhilfebewegung“.
Moralische Instanz

Für Bürgermeister Stefan Thoma ist der Kerner-Preisträger eine „moralische Instanz“. In weiten Teilen mangele es der Gesellschaft daran. Die von Dörner geforderte „soziale Erdung“ sieht Thoma in Weinsberg gegeben, ob beim ehrenamtlichen Hospizdienst, den Pflegediensten oder in einer aktiven Bürgerschaft.
Zur Person
Klaus Dörner
Der am 22. November 1933 in Duisburg geborene Klaus Dörner gilt als profilierter Vertreter der deutschen Sozialpsychiatrie. Er studierte Medizin, Soziologie und Geschichte, habilitierte an der Psychiatrischen Universitätsklinik Hamburg. Von 1980 bis 1996 war er ärztlicher Leiter der Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie in Gütersloh. An der Universität Witten/Herdecke lehrte er Psychiatrie. Seit 2003 ist er Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Im vergangenen Jahr verlieh ihm die Stadt Weinsberg den mit 5000 Euro dotierten Kernerpreis. kin
Heilbronner Stimme, Samstag, 09.05.2009



Heilbronner Stimme, 12.03.2009
Die letzten Stunden leben
Von Margit Stöhr-Michalsky
Was braucht der Mensch am Ende seines Lebens? Eine friedvolle Atmosphäre ist wichtig, auch das Sprechen, Zuhören und Mitleiden.
Obersulm - Über das Sterben nachzudenken und zu reden, fällt nicht leicht. Zum Vortrag „Was braucht ein Mensch am Ende seines Lebens?“, zu dem der Hospizdienst Weinsberger Tal in das evangelische Gemeindehaus in Obersulm-Willsbach eingeladen hatte, kamen dennoch 50 Interessierte.
Unterstützung Mit dabei waren ehrenamtliche Hospizhelfer, die schwerstkranke und sterbende Menschen und deren Angehörige kostenfrei zu Hause, im Heim und im Stationären Franken-Hospiz begleiten. Seit 15 Jahren bietet der Hospizdienst Weinsberger Tal den Dienst an. Infos, Aufklärung und Unterstützung durch Vorträge ergänzen die Arbeit des Vereins um den Vorsitzenden Horst Gold.
70 Mitarbeiter hat Elfriede Schick in den letzten zehn Jahren ausgebildet, die für Menschen bis zum letzten Atemzug da sind. Die ehemalige Pfarrerin und Krankenhausseelsorgerin stand an vielen Sterbebetten. Ihre Erfahrungen waren Impulse, um Unsicherheit und Ängste abzulegen, um „die letzten Stunden miteinander zu leben“. Es könne nicht auf alles eine Antwort geben, sagte sie. Jeder Mensch sterbe seinen eigenen Tod, und jeder Zurückbleibende gestalte seinen eigenen Abschied.
„Sterben ist ein geheimnisvoller Prozess, der von Ängsten und Auflehnung über den Trost hin zum Frieden führt“. „Was braucht ein Mensch am Ende seines Lebens?“, fragte Elfriede Schick. Wenn die Geschichte eines Menschen bekannt sei, falle es leichter, ihn zu begleiten, berichtete sie. Mancher brauche das pulsierende Leben bis zum Schluss, andere Gespräche und Austausch.
Eine friedvolle Atmosphäre sei jedoch für jeden wichtig. „Ein Sterbender braucht Menschen, die ihn gehen lassen und die ihn in guter Weise begleiten“, so Schick.
Die Referentin nahm auch Beispiele von Autoren auf, die ihren eigenen Prozess der Krankheit bis hin zum bevorstehenden Tod veröffentlichten. „Durch die Pforte des Todes komme ich an mein Lebensziel“, zitierte sie.
Zuhören Um zu spüren, was ein sterbender Mensch brauche, sei es wichtig, über eigene Vorstellungen nachzudenken und sie vielleicht zu korrigieren. Die Hilfe bekomme der sterbende Mensch, indem der Begleiter ganz präsent sei „im Reden und Zuhören, auch im Schweigen und Mitleiden“. Aktivität und Ablenkung drücke oftmals eigene Unsicherheit aus. Der Sterbende brauche jedoch Ruhe. „Er bereitet sich auf eine lange Reise vor“ erklärte die ehemalige Seelsorgerin.
Auch die Frage: „Was will ich, wenn es einmal so weit ist?“, sollte nicht verdrängt werden. Am Schluss des Abends blieb Zeit für Fragen und Gespräche.



Hospizdienst Weinsberger Tal, Sudetenstr. 6, 74189 Weinsberg Tel. 07134/914285,  E-Mail: vorstand@hospiz-weinsberg.de
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