2013 - Hospizdienst Weinsberger Tal e. V.

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2013

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Ökumenischer Gedenkgottesdienst für Verstorbene
im Franken-Hospiz und in der Begleitung des Hospizdienstes
Am Samstag, dem 9. November 2013, versammelten sich 120 Menschen in der Johanneskirche in Weinsberg um ihrer Verstorbenen zu gedenken. Pfarrer Michael Vetter ging entlang eigener Erlebnisse in der Sterbebegleitung dem Thema des Gottesdienstes nach. Er zeigte, wie wir auf unseren "Trauerwegen" auch Hoffnungswege entdecken können. Das ist nicht für jeden gleich und es gelingt auch nicht immer. Aber diese Hoffnung gibt es für alle.
Zwei Mitarbeiterinnen des Franken-Hospiz Weinsberg berichteten engagiert über Ihre tägliche Arbeit und ihre Erfahrungen in den Begegnungen mit schwerstkranken und sterbenden Menschen. Die ehrenamtliche Hospizbegleiterin Ursula Dieterich sprach über eine sehr ruhige, sie aber stark anrührende Begleitung eines jungen Mannes auf dessen letzter Wegstrecke. Ihr Bericht steht unten auf dieser Seite.
Nach diesen Berichten können alle Hinterbliebenen im Gedenken an ihren Verstorbenen vor den Stufen des Altars eine Kerze entzünden. Diese schlichte Handlung weckt tiefe Gefühle der Trauer, des Erinnerns und des Trostes.
Ein wichtiger Bestandteil des Gottesdienstes waren auch dieses Jahr wieder die Chorgesänge in deutscher und lateinischer Sprache der Jugendkantorei Weinsberg unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Gerhard Frisch. Bei dem anschließenden Begegnungskaffee haben die Sängerinnen und Sänger oft ein Wort des Dankes gesagt bekommen.
Und nun lesen Sie den Beitrag von Ursula Dieterich:
Im Frühjahr erhielt ich die Nachricht, dass Hans – das ist natürlich nicht sein Name – bald diese Welt und dieses Leben zu verlassen wird. Deshalb machte mich auf den Weg ins Hospiz.
Nicht zum ersten Mal bin ich in diesem Zimmer. Hans ist mir gut bekannt, aber heute ist es anders. Nicht Zuhören, Erzählen oder Trösten sind gefragt, sondern es gilt, die Angst, die Stille, das Unabänderliche, das unregelmäßige Atmen, die Hilflosigkeit auszuhalten.
Hans ist 39 Jahre alt. Ich sehe hinüber zu seiner Frau Petra, die still bei ihrem Mann sitzt und seine Hand hält. Lässt sie ihr Leben mit ihm noch einmal an sich vorüber ziehen? Er war begeisterter Motorradfahrer, das Motorrad war sein Hobby. Hatte Petra Angst um ihn, wenn er unterwegs war, den Fahrtwind, die Kraft der Maschine und die Geschwindigkeit genossen hat? Was mögen die Beiden miteinander erlebt haben? Davon weiß ich nicht viel.
Mein Blick fällt auf einen glitzernden Reif, den seine Kinder in das Krankenzimmer gebracht und aufgehängt haben. Ich erinnere mich an die umtriebigen Kinder und wie sie in der Küche Pizza gegessen haben. Und ich erinnere mich auch daran, dass vor ein paar Wochen die inzwischen ziemlich erschöpfte Mutter mit ihren Kindern zwei Tage Urlaub machen wollte. Das war für Tom, den älteren Sohn, ganz schwierig, denn der Vater würde alleine sein, wenn sie alle drei weg wären. Und das sollte und durfte nicht sein. Deshalb wurde ich ins Hospiz zu Hans gerufen.
Bei diesen Gedanken bin ich traurig geworden, weil es schon morgen keine gemeinsame Zukunft für Petra und Hans und die Kinder mehr geben wird. Im Raum ist Stille und Nähe - nicht mehr aber auch nicht weniger. Nach ungefähr zwei Stunden gehe ich nach Hause. – Meine Gedanken sind im Hospiz.
Abends erhalte ich die Nachricht, dass Hans still eingeschlafen ist. Seine Frau Petra war kurz zuvor zu ihren beiden Kindern gegangen. Trotzdem ist Hans nicht allein gestorben, seine Mutter war bei ihm.
Der Abend gehörte den Erinnerungen an Hans. Er war in seinem gelähmten Körper gefangen. Nur die rechte Hand konnte er noch bewegen. Gespräche waren sehr anstrengend für ihn, aber auch für mich. Er brauchte lange, um eine Antwort zu formulieren. Ich musste mich in Geduld üben. Trotz aller Mühe war es eine stille, ruhige Begleitung, an die ich noch lange denken werde.“
An diesem Abend habe ich wieder einmal ein Blatt Papier genommen und aufgeschrieben, was mich bewegt. In meiner ganz persönlichen Hospiz-Mappe liegen schon mehr solche Blätter. Das Aufschreiben hilft mir, das Erlebte zu ordnen und zu einem Teil meines eigenen Lebens zu machen.



proMAGAZIN, Nr. 11/2013
Anderen Zeit schenken
Wie kriegst du das hin ..." diesen Satz hört Ursula Dieterich häufig von ihren Freunden und Bekannten. Die Rentnerin ist eine von rund 30 Hospizbegleitern des Hospizdienstes Weinsberger Tal e.V., die ehrenamtlich Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten. Hauptsächlich ist sie im Franken-Hospiz in Weinsberg im Einsatz, aber auch in Pflegeheimen, in der Klinik Löwenstein und den Privatwohnungen der Sterbenden. Gespräche über den Tod gehören zu den zentralen Aufgaben bei den Besuchen, die die Hospizbegleiter den Betroffenen mehrmals in der Woche abstatten. Soweit es noch möglich ist, zählen aber auch Singen, Beten, Spielen und Spazieren gehen dazu. Im Todesfall leisten die Hospizbegleiter den Angehörigen Hilfestellung bei der Bewältigung ihres Verlustes. Mit einigen der Hinterbliebenen steht Ursula Dieterich noch heute in Kontakt.
Jacqueline Eckstein und Ursula Dieterich bei ihrem Gespräch mit Michael Bächle (Foto)
Schon 2004 machte sie die Ausbildung zur Hospizbegleiterin, nachdem ihr Mann nach langer Krankheit an Knochenkrebs verstorben war. „Der Austausch mit anderen Menschen in der Klinik tat mir damals unwahrscheinlich gut", erzählt die Lehrensteinsfelderin. Noch heute besucht Ursula Dieterich vor jedem neuen Einsatz ihren Mann auf dem Friedhof und erzählt ihm von ihrer Arbeit. „Das gibt mir Kraft", erklärt sie. Außerdem helfen ihr die sogenannten Reflexionsgespräche in der Gruppe. Alle vier Wochen kommen die ehrenamtlichen Hospizbegleiter zusammen, tauschen ihre Erlebnisse und Erfahrungen aus und bauen sich gegenseitig wieder auf.
Das braucht Ursula Dieterich manchmal, denn „man kommt allzu oft an seine eigenen Grenzen." Insbesondere wenn sie junge Menschen beim Sterben begleitet, gerät sie ins Hadern. „Man setzt sich dann immer noch eine Zeit damit auseinander. Manche Fälle gehen mir heute noch nach", räumt die Rentnerin ein. Auf der anderen Seite seien diese Erlebnisse aber auch wertvolle Erfahrungen, sagt ihre Kollegin Jacqueline Eckstein, die seit letztem Jahr im Einsatz für den Hospizdienst ist. „Man lernt bei den Begleitungen viel über sich selbst. Das, was von den Menschen, die man begleitet, zurückkommt, bereichert mich wahnsinnig", meint sie. Ursula Dieterich ergänzt: „Das Gefühl, diesen Menschen etwas zu schenken, ist sehr befriedigend. Und wenn es nur Zeit ist." Auch die Angst vor dem eigenen Tod baue sich mit jeder Begleitung ab, „weil man eine viel konkretere Vorstellung davon bekommt", sagt Jacqueline Eckstein,
Text und Foto: Michael Bächle
Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers und der Zeitschrift ProMAGAZIN,
pVS - pro Verlag und Service GmbH & Co. KG, Schwäbisch Hall, www.pro-magazin.de



Angst in Krankheit und im Sterben
Eine Anfrage an das Denken des Menschen
Der Bretzfelder Psychotherapeut und Psychiater Dr. med. Gerhard Pfaff referiert am Montag, 04.11.2013, um 20 Uhr im evangelischen Erhard-Schnepf-Gemeindehaus, Dornfeldstraße 44, 74189 Weinsberg.
Angst gehört zum Leben und hat eine wichtige Funktion als Warner und Ratgeber. Aber sie kann lähmen, ja sogar krank machen. Eine besondere Rolle spielt sie beim Blick auf den Verlust eines nahestehenden Menschen, auf drohende Pflegebedürftigkeit und den Verlust des Lebens.
Lebensangst - Abhängigkeitsangst - Todesangst, das werden die Schwerpunktthemen des Abends sein. Es gibt Wege und Haltungen mit diesen bedrohlichen Gefühlen umzugehen, damit Leben und schließlich gutes Sterben möglich wird. Dr. Pfaff hat mit diesen Themen jahrzehntelange Erfahrung.
Der Referent hält sich anschließend für eine Aussprache bereit.
Der Hospizdienst Weinsberger Tal e.V. und die Evangelische Kirchengemeinde Weinsberg laden herzlich ein.



„Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun“
- Ärztliche Begleitung in der letzten Lebensphase -
Der Weinsberger Hospizarzt Sigmund Jakob wird am Mittwoch, 24.04.2013, um 20 Uhr im Evang. Gemeindehaus Neuhütten, Frankenstraße 10/1, Einblick geben in seine Erfahrungen bei der Behandlung von Menschen in ihren letzten Wochen bis hin zum Sterben.
Hausarzt, Hospizarzt und Palliativmediziner Sigmund Jakob hat rund tausend Menschen im Weinsberger Franken-Hospiz auf ihrem letzten Lebensweg begleitet. In dieser Arbeit wurde der oft zitierte Satz „Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun“ Teil seiner eigenen Überzeugung.
Zuerst gilt es, einen persönlichen Kontakt zum Kranken und seinen Angehörigen zu finden. Sehr schnell muss er nach Schmerzen und deren Behandlung fragen. Aber dann schließen sich oft Probleme bei der Nahrungsaufnahme und beim Flüssigkeitsbedarf an. Wird mit künstlicher Ernährung nur die Leidenszeit verlängert? Was tun, was lassen? Wie reagieren, wenn Atemnot eintritt? Wie können die Angehörigen unterstützt werden?
Der Referent hält sich anschließend für eine Aussprache bereit. Der Eintritt ist frei.
Der Hospizdienst Weinsberger Tal e.V. und die Evangelischen Kirchengemeinden Neuhütten und Maienfels laden herzlich ein.
Wegbeschreibung: Anfahrt / in Neuhütten



Was ist „gute Medizin“ am Lebensende?
Dr. Urs Riemann, niedergelassener Arzt in Heilbronn, spricht am Donnerstag, 24.01.2013, um 20 Uhr, im Gemeindesaal der katholischen Vater-Unser-Kirche in Willsbach, Sülzbacher Weg 61 (gegenüber der Michael-Beheim-Schule) zu dem Thema „Was ist gute Medizin am Lebensende?“ Der Weinsberger Hospizarzt Sigmund Jakob wird in das Thema einführen.
Dr. Riemann ist Internist, Kardiologe, und Palliativmediziner. Während seiner Tätigkeit im Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn war er Vorsitzender des Ethik-Komitees der SLK-Kliniken. Als Arzt für internistische Intensivmedizin hat er sich mit den medizinischen Fragen, die am Lebensende zu stellen und zu beantworten sind, eingehend befasst. Wie steht es um die Nahrungsaufnahme und um den Flüssigkeitsbedarf? Wie ist zu reagieren, wenn Atemnot eintritt? Woran erkennt man, dass die medizinische Versorgung von „kurativ“ auf „palliativ“ umzustellen ist, es also nicht mehr um die Heilung der Grunderkrankung sondern die Linderung der Symptome geht? Soll man alles tun, was man tun kann? Das sind nur wenige Beispiele für die von ihm erörterten Fragen.
Hospizarzt Sigmund Jakob kennt die Situation der Menschen auf ihrem letzten Lebensweg, hat er doch in seiner Tätigkeit im stationären Hospiz mehr als 1.000 Menschen ärztlich begleitet und betreut. Er wird die Zuhörer in die Problematik einführen.
Gut besuchter Abend
Dieser spannende Abend wurde von über 90 Personen besucht. Leider steht uns kein Bericht zur Verfügung.
Die beiden Ärzte haben interessante Einblicke gewährt. Zum Beispiel wurde erklärt, was bei der Einstellung der Ernährung im Körper geschieht, und wie sich das auf die Befindlichkeit und letztlich das Sterben auswirkt. Genauso wurde erläutert, was im Krankheitsverlauf gemacht werden kann.
Beeindruckend war, welche positiven Auswirkungen das Einbeziehen aller Beteiligten in den Entscheidungsprozess hat, wie dadurch alle entlastet werden und einvernehmliche Lösungen gefunden werden. Bei keinem der geschilderten Fälle war die Einschaltung des Vormundschaftsrichters erforderlich. Allerdings waren rechtliche Vertreter bekannt.
Wir danken den beiden Ärzten für Ihre große Mühe!
Hospizdienst Weinsberger Tal, Sudetenstr. 6, 74189 Weinsberg Tel. 07134/914285,  E-Mail: vorstand@hospiz-weinsberg.de
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