Am Sonntag, 10. April 2005
wurde Pfarrerin Elfriede Schick im Gottesdienst in der
Martin-Luther-Kirche in Neulautern in den Ruhestand verabschiedet. Wir
danken ihr herzlich, dass Sie weiterhin die Reflexionsgruppen leitet und
neue Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter ausbildet.
In der Heilbronner Stimme erschien am 26.03.2005 das folgende
Interview:
"Es tut gut, sich eine Zeit der Stille zu
verordnen"
Am Ostermontag hält sie den letzten Gottesdienst. Zum 1. April geht
Elfriede Schick vorzeitig in den Ruhestand, am 10. April ist offizielle
Verabschiedung. Die 63-Jährige war acht Jahre lang Pfarrerin der
Evangelischen Kirchengemeinde Neulautern mit Stocksberg und Seelsorgerin
der Klinik Löwenstein. Mit der gebürtigen Tübingerin sprach
Redakteurin Sabine Friedrich.
INTERVIEW Sie haben die Pfarrwohnung bereits geräumt, im Büro
sind die Kartons gepackt. Wohin sind Sie gezogen?
Elfriede Schick: Nach Löwenstein-Hirrweiler. Es war schon
eine Überlegung, wohin ich gehe. Ich stamme von der Zollernalb, habe
aber keine großen Beziehungen mehr dorthin. Ich denke, dass es wichtig
ist, im Alter auf Kontakte und Freundschaften zurückzugreifen. Diese
Freundschaften habe ich hier und Aufgabenfelder, die nicht mit meinem
Pfarramt verwurschtelt sind. Das hier ist eine wunderschöne Gegend, und
ich hoffe, dass ich diese reizvolle Landschaft jetzt ergründen kann.
Mit Alexander Straubenmüller aus Heidenheim-Oggenhausen steht Ihr
Nachfolger fest.
Schick: Es gibt trotzdem eine Vakanz, weil der neue Pfarrer
erst im Sommer umziehen wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass es
einen Nachfolger gibt. Für mich ist das aber beruhigend, wegen der
Klinik. In der Kirchengemeinde lässt sich eine Vakanz leichter
überbrücken. Aber die Arbeit in der Klinik kann nicht so einfach von
den Kollegen mitgetragen werden, weil sie sehr zeitaufwendig ist. Ich
habe versprochen, die Klinik-Seelsorge in Vertretung weiter zu
übernehmen, bis der Nachfolger anfängt. Neulautern, das mit Stocksberg
rund 500 Protestanten hat, hat nur deshalb einen eigenen Pfarrer, weil
50 Prozent des Dienstauftrages die Klinik-Seelsorge ausmacht.
Womit beschäftigen Sie sich im Ruhestand?
Schick: Ich habe mir vorgenommen, mich ein Jahr lang
zurückzuziehen. Irgendwann tut es gut, wenn man sich eine Zeit des
Schweigens und der Stille verordnet. Ich möchte meinen Garten anlegen.
Er soll ein blühendes Land werden, ein Ort der Freude und des
Rückzugs. Dann habe ich mir vorgenommen, die Freundschaften, die aus
Zeitmangel gelitten haben, wieder mit Leben zu füllen.
Was war Ihnen in acht Jahren Neulautern und Stocksberg wichtig?
Schick: Ich wollte auf allen meinen Pfarrstellen mit dem, was
ich rede und tue, Menschen deutlich machen, dass das Evangelium eine
ungeheuer befreiende Kraft hat und dass es Menschen einander näher
bringen möchte. Es war mir wichtig, in der Gemeinde ein Stück
Solidarität untereinander einzufordern. Dabei sieht der Pfarrer kein
fertiges Ergebnis, das ist Saat auf Hoffnung.
Was nehmen Sie als Erinnerung mit?
Schick: Als ganz schöne Erinnerung: Die fünf Konfirmanden
von 2003, die sich den eigenartigen Namen "Jajesy" gegeben
haben. Das sind die Anfangsbuchstaben der Namen der drei Mädchen und
zwei Burschen und von mir. Es ist etwas sehr Ermutigendes, dass sich
fünf junge Leute über zwei Jahre alle 14 Tage bei mir getroffen haben,
um über Gott und die Welt zu reden. Gerade bringen sie mir das
Kartenspielen bei.
Sie sind Klinik-Seelsorgerin und schulen die Betreuer des
Hospizdienstes Weinsberger Tal: Sie begleiten sterbende Menschen. Woher
nehmen Sie die Kraft dazu?
Schick: Ich nehme wie jeder Christ die Kraft aus der Quelle
des Lebens, die uns aus dem Wort Gottes zufließt und uns Mut macht, an
dem Platz, an dem wir stehen, die Gabe einzubringen, die wir haben.
Welche ist das bei Ihnen?
Schick: Ich kann zuhören und aufnehmen, was um mich herum
geschieht. In einem Sterbezimmer muss man nicht ins Agieren verfallen,
sondern ins Dasein und spüren, was der andere Mensch braucht,
vielleicht ist es nur Nähe. In der Begleitung von Sterbenden gibt man
nicht nur. Es fließt auch Geheimnisvolles zurück: Man erlebt sehr oft
am Ende einen tiefen Frieden im Raum, der die umfasst, die mit dabei
sind.
Standen Sie immer hinter Ihrer Berufswahl oder gab es Momente des
Zweifels?
Schick: Die gibt es immer wieder - in jungen Jahren sehr viel
mehr als später. Man gerät immer wieder in Situationen, in denen man
sich selbst in Frage stellt. Ich war am Studium der Theologie
interessiert, wollte tiefer schürfen. Mit der Berufswahl war das etwas
schwierig, weil damals Frauen noch kein volles Pfarramt übernehmen
durften. Als ich 1966 ins Vikariat kam, merkte ich, dass der Beruf einen
packen und ausfüllen kann. Es ist der abwechslungsreichste und
herausforderndste Beruf. Er hat mit so vielen Aufgabengebieten zu tun.
Was überwiegt: Die Traurigkeit des Abschieds oder die Freude,
bald Privatperson zu sein?
Schick: Von der Traurigkeit des Abschieds spüre ich noch
nichts. Das hängt damit zusammen, dass ich in dieser Woche noch 13
Gottesdienste gehalten habe. Deshalb kann ich nicht so arg Rücksicht
auf meine Gefühle nehmen. Ich freue mich darauf, eine Zeit vor mir zu
haben, ohne dass der Druck der Uhr auf mir lastet.
Werden Sie auch weiterhin alle sechs Wochen das "Geistliche
Wort" an unsere Leser richten?
Schick: Ja. Das macht mir Spaß und ist eine Herausforderung.
Ich schreibe gerne. Und ich werde sehr häufig angesprochen von
Menschen, die das, was sie da lesen, in ihr Leben einbauen können.