Nach oben Sterbehilfe Rechtslage Position der DGHS Einwände gegen Euthanasie
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Einwände gegen eine Legalisierung aktiver Euthanasie
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Bei den folgenden Darlegungen
wird auf die von Albin Eser in: Walter Jens, Hans Küng, Menschenwürdig
sterben, 2. Auflage 1998 zusammengetragenen Sichtweisen weitgehend Bezug
genommen.
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Argumente für
die Zulassung
der Euthanasie |
Die Befürworter der
Legalisierung der aktiven Euthanasie verweisen auf die unterschiedliche,
ihrer Auffassung nach teilweise willkürliche Behandlung von passiver
und aktiver Sterbehilfe.
- Sie werfen die Frage auf, ob eine
schnellwirkende Injektion grundsätzlich ethisch und rechtlich
verwerflicher sei als ein die Qual des Sterbens verlängernder
Nahrungsentzug.
- Auch sei die Unterscheidung zwischen gerechtfertigter
Schmerzlinderung mit Tötungsrisiko (indirekte Sterbehilfe) einerseits
und der unzulässigen gezielten Tötung als Mittel der Schmerzlinderung
(aktive Euthanasie) andererseits nicht nachvollziehbar.
- Gleiches gelte
für die Abgrenzung zwischen strafloser Beihilfe zur Selbsttötung und
strafbarem Töten auf Verlangen. Es drängt sich die Frage auf, ob das
Zurücklassen von Schlaftabletten auf dem Nachttisch des Patienten, um
diesem die Selbsttötung zu ermöglichen, als Handlungsweise wirklich so
verschieden von dem Fall ist, dass eine Überdosis vom Arzt injiziert
wird.
Die gegenwärtigen rechtlichen Bestimmungen seien zu hart. Das
Sterben sei noch nicht als Teil der Persönlichkeitsverwirklichung
begriffen worden. Die gesetzlichen Bestimmungen würden teilweise das
Recht, in Würde zu sterben, vereiteln.
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Euthanasie
verfassungs-
konform? |
Es mag zwar denkbar sein, dass
der Gesetzgeber nicht gegen Verfassungsrecht verstößt, wenn er die
Strafbarkeit aktiver Sterbehilfe für solche strikt eingegrenzten Fälle
aufheben würde, in denen beispielsweise ein Todkranker diese ohne
äußeren Druck und bei vollem Bewusstsein verlangt (Friedhelm Hufen, In
dubio pro dignitate. Selbstbestimmung und Grundrechtsschutz am Ende des
Lebens. Neue Juristische Wochenschrift 2001, Seite 849 (855)). |
Recht auf Leben -
ist das
Recht über Leben?
Folgeprobleme |
Ob das im Grundgesetz
garantierte Recht auf Leben (Art. 2) aber ohne weiteres auch ein Recht
über Leben garantiert und damit über eine Respektierung der
Selbsttötung seitens des Staates hinausgeht, ist zumindest fraglich.
Die "Freiheit zu Sterben" wirft eine Vielzahl weiterer Fragen
auf. Eser (a.a.O. Seite 172) führt hierzu aus:
"Denn wir müssen uns darüber klar sein, dass dort, wo man die
Tötung auf Verlangen für rechtmäßig erklären will, aus dem Recht
zum Sterben ein Recht auf Getötetwerden gemacht wird. Wer aber dies
tut, der übersieht, dass bei einem Recht auf Getötetwerden
notwendigerweise noch eine andere Person mit in die Tötung einbezogen
werden muss, dass also genau besehen mit der Anerkennung eines solchen
Anspruchs die Pflicht des Staates korrespondieren müsste, jemanden für
diese Tötung zur Verfügung zu stellen."
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Von der
Freiheit zum Tod
zur
Unfreiheit zum Leben |
Die Befürworter einer
Legalisierung aktiver Euthanasie übersehen die Folgewirkungen ihrer
Forderungen. Wenn das Tötungstabu aufgeweicht wird, kann ein ethischer
Dammbruch die Folge sein. Albin Eser weist zu Recht darauf hin, dass
das Leben durch seine Verfügbarkeit zugleich seine Unantastbarkeit
verliert. Wenn die Tabugrenze einmal überschritten ist, stellt sich die
Frage, warum dann Leben nicht auch in anderen Fällen verfügbar sein
soll. "Warum nur da, wo sich ein Mensch selbst aufgibt? Warum nicht
auch dort, wo er sich nur unvernünftigerweise nicht aufgibt?"
(Eser a.a.O. Seite 174)
Das geltende Strafrecht betont nachhaltig das Fremdtötungsverbot.
Wenn dieses Tabu aufgelöst wird, darf gefragt werden, welches Argument
ein aussichtslos kranker Mensch gegen die Erwartung seiner Umwelt, von
seinem Recht auf Getötetwerden doch endlich Gebrauch zu machen, noch
vorbringen kann. Die Freiheit zum Tod kann schnell in eine Unfreiheit
zum Leben umschlagen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die zunehmenden
Erwartungen einer effektiven Kostenersparnis im Gesundheitswesen. Der
Respekt vor dem Leben und die Angst vor einer Gefährdung der
Menschenwürde nährt diese "Dammbruchargumentation".
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Lebensschutz
gegen
Menschenwürde? |
Nicht übersehen werden sollte
freilich, dass auch die Befürworter einer gesetzlichen
Sterbehilferegelung die verfassungsrechtlich garantierte Menschenwürde
und das Selbstbestimmungsrecht als Leitmotiv für ihren Reformwillen
benennen und zu Recht betonen, dass der Lebensschutz nicht gegen
Menschenwürde und Selbstbestimmung ausgespielt werden darf. Letztlich
sind unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im modernen
Rechtsstaat unterschiedliche Regelungsmodelle denkbar. Für welches
Modell sich eine Gesellschaft entscheidet, ist eine politisch Frage.
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Patientenwille |
Aus der Sicht des Verfassers
kann bei Ausschöpfung der derzeitigen gesetzlichen Möglichkeiten nicht
davon die Rede sein, dass der Patientenwille nicht hinreichend zur
Geltung kommen kann. Die Selbstbestimmung findet freilich ihre Grenze am
politisch gewollten absoluten Fremdtötungsverbot.
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Ein Ausweg? -
Stuttgarter Alternativentwurf von 1986
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Zu überlegen ist, ob in
Anlehnung an den Stuttgarter Alternativentwurf eines Gesetzes über
Sterbehilfe aus dem Jahr 1986 der Mitleidsmotiviation in Fällen aktiver
Sterbehilfe insoweit Rechnung getragen wird, als bei einer aktiven
Sterbehilfe von Strafe abgesehen wird, wenn die Tötung der Beendigung
eines schwersten, vom Betroffenen nicht mehr zu ertragenden
Leidenszustandes dient, der nicht durch andere Maßnahmen behoben oder
gelindert werden kann. Der Stuttgarter Alternativentwurf hat insoweit
eine Ergänzung des § 216 StGB vorgeschlagen. Im Unterschied zu der von
der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) geforderten Gesetzesänderung geht der Stuttgarter
Alternativentwurf weiterhin davon aus, dass eine aktive Sterbehilfe
grundsätzlich rechtswidrig ist und nur in einem besonderen Ausnahmefall
trotz rechtswidrig-schuldhaften Verhaltens von einer Bestrafung
abgesehen werden soll. Die weitergehende Forderung der DGHS, die aktive
Sterbehilfe in diesem Ausnahmefall sogar als rechtlich zulässig
anzuerkennen, ist wegen der sozialpolitischen Folgewirkungen
(Dammbruch-Argument) abzulehnen.
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Dr. Markus Kleine
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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