Schwere Schicksalsschläge:
Die Selbsthiffegruppe "verwaiste Eltern" hilft Vätern und
Müttern im Unterland in ihrer Trauer
Wie leben nach dem Tod des eigenen Kindes?
Petra Schürmanns Tochter kam bei einem Autounfall ums Leben. Der
Sohn der Schauspielerin Ursula Karven ertrank im Pool. Und jetzt Julia.
Das achtjährige Mädchen aus dem mittelhessischen Biebertal wurde
ermordet. Wer kann ermessen, wie groß der Schmerz ist, wenn Väter und
Mütter ein Kind verlieren? "Ich weiß jetzt, dass man an
gebrochenem Herzen sterben kann", sagt Rosemarie Vogt. Und:
"Wer es noch nicht selbst erlebt hat, weiß nicht, wie weh das
tut."
Die 55-Jährige saß selbst am Steuer, als sie im Februar 1988 mit
dem A u*to in einen Schneesturm geriet und gegen einen Baum fuhr. Ihre
Tochter auf der Rücksitzbank kam bei dem Unfall um. Sie wäre zwei
Wochen später zwölf Jahre alt geworden. Das Geburtstagsgeschenk war
schon gekauft. Die schwer verletzte Erlenbacherin erfuhr erst vier
Wochen später in der Klinik vom Tod des Kindes. Da war die Tochter
schon unter der Erde.
Der Schicksalsschlag verletzte die Seele. Die Wunde ist bis heute
nicht geheilt. Acht Jahre lang schaffte sie es nicht, das Grab des
Kindes zu besuchen. "Ich leide wahnsinnig unter den
Schuldgefühlen." Der Tod eines Menschen, der einem nahe stand, sei
schon schlimm genug, sagt sie. Aber der Tod des Kindes sei "das
Schlimmste, was einem passieren kann". Das bleibt für immer im
Kopf. Die toten Kinder werden nie älter. Und ihre Väter und Mütter
denken jeden Tag an sie- Man geht damit ins Bett und wacht damit morgens
wieder auf."
"Wieder ist eine Familie zerbrochen", hat die Heilbronnerin
Dagmar Frombeck gedacht, als sie vom tragischen Tod der
Schürmann-Tochter hörte. Sie weiß wovon sie spricht. Auch ihr Sohn
kam bei einem Autounfall 1991 ums Leben. Im ersten Schock hat sie damals
"funktioniert", alle Formalien, die Beerdigung wie im Tran
erledigt. "Meine Familie dachte, ich pack' das gut." Dann,
drei Wochen später, "ging nichts mehr". Selbstmordgedanken,
dieses Gefühl, völlig allein zu sein, "und niemand kann mir
helfen". Dagmar Frombeck wurde damals in die Psychiatrie nach
Weinsberg eingeliefert. "Die Medikamente haben mich wieder
aufgerichtet."
Wie leben nach dem Tod des Kindes? "Keine Familie lebt mehr ein
normales Leben", sagt Dagmar Frombeck. Eine Ausnahmesituation, ein
Krisenfall, den jeder auf seine Art versucht, durchzustehen. "Der
Freundeskreis und die Verwandten wissen nicht, wie sie mit uns
Trauernden umgehen sollen", erklärt Rosemarie Vogt. Den Schmerz in
sich hineinfressen ist schlecht, aber oft sagen Menschen auch das
Falsche.
Rosemarie Vogt und Dagmar Frombeck sind die Ansprechpartner einer
Selbsthilfegruppe "verwaiste Eltern", die sich zwei Mal im
Monat trifft und beispielsweise Ausflüge ,und Wanderungen unternimmt.
Dort treffen sich Väter und Mütter, die einander verstehen, weil sie
ein gemeinsames Erlebnis haben. Darüber zu sprechen, ist schon eine
große Hilfe.
Wer Rat sucht oder die Selbsthilfegruppe besuchen will, kann sich
melden bei
Rosemarie Vogt, Telefon 07132/17488
oder
Dagmar Frombeck, Telefon
07131/570785